Diplomatie:Viele Fragen, viele Hausaufgaben

Russian Foreign Minister Lavrov meets with U.S. Secretary of State Kerry in Moscow

Die Stille der Diplomaten: Sergej Lawrow und John Kerry.

(Foto: REUTERS)

US-Außenminister John Kerry führt bei seinem Besuch in Moskau lange Gespräche mit Russlands Präsident Wladimir Putin zum Anti-Terror-Kampf. Der Weg zu möglichen Ergebnissen ist mühsam.

Von Julian Hans, Moskau

In langen und intensiven Gesprächen hat US-Außenminister John Kerry sich bemüht, eine Annäherung mit der russischen Führung zu erreichen. Nach einem mehrstündigen Treffen mit Präsident Wladimir Putin am Donnerstagabend setzte Kerry die Verhandlungen am Freitag mit Außenminister Sergej Lawrow fort. Zur Sprache kamen neben den Kriegen in Syrien und in der Ukraine auch die Lage im Nahen Osten und der Konflikt zwischen Aserbaidschan und Armenien um die Region Berg-Karabach im Südkaukasus. Die Gespräche dauerten bei Redaktionsschluss noch an.

Kerry ist zum zweiten Mal innerhalb von vier Monaten in Moskau. Nach dem Besuch der Feiern zum französischen Nationalfeiertag reiste er am Donnerstag von Paris nach Moskau weiter. Putin und Kerry hätten detaillierte, offene und konstruktive Gespräche geführt, teilte Kreml-Sprecher Dmitrij Peskow am Freitag mit. "Dennoch bleiben viele Fragen offen, die die praktische Zusammenarbeit bei der Operation in Syrien betreffen".

US-Medien hatten zuvor berichtet, Kerry wolle den Russen einen Plan für den gemeinsamen Kampf gegen die Terror-Gruppe al-Nusra unterbreiten. Seitdem die russische Luftwaffe im September vor einem Jahr die Bombardements gegen Assad-Gegner in Syrien aufnahm, fordert Moskau ein gemeinsames Vorgehen gegen Terroristen. Der im Februar maßgeblich von Russland und den USA durchgesetzte Waffenstillstand droht immer wieder zu scheitern. Unterstützt von der russischen Luftwaffe bombardieren Regierungstruppen weiterhin Zivilisten und Krankenhäuser und lassen keine humanitäre Hilfe in belagerte Orte.

In der Wohnung von Diplomaten wurden Möbel verrückt und Fenster geöffnet

Kerry dankte Putin für "produktive Gespräche", betonte aber, es blieben noch eine Menge Hausaufgaben zu erledigen. In Bezug auf die Ukraine gab sich Kerry laut der russischen Agentur Interfax überzeugt, "dass wir alle Möglichkeiten haben, den Konflikt beizulegen". Obwohl beide Seiten in den vergangenen Wochen versöhnliche Signale ausgesandt hatten, ist die Atmosphäre weiter angespannt. Zu den Kriegen in Syrien und in der Ukraine kommt die auf dem Gipfel von Warschau beschlossene Neuausrichtung der Nato, die ihre Mitglieder in Osteuropa künftig besser gegen Provokationen aus Moskau schützen will. Mehrmals wäre es beinahe zu Unfällen gekommen, als russische Militärflugzeuge mit ausgeschalteten Transpondern die Abwehrbereitschaft im Nato-Luftraum testeten. Moskau hatte auf dem Treffen des Nato-Russland-Rats diese Woche Vorschläge unterbreitet, wie solche Zwischenfälle in Zukunft vermieden werden können.

Auch zwischen den Diplomaten soll die Atmosphäre zuletzt zunehmend feindselig gewesen sein. Laut der Washington Post klagten US-Diplomaten in Europa über Nachstellungen und Einschüchterungen durch Mitarbeiter russischer Geheimdienste. So seien Unbekannte in ihrer Abwesenheit in ihre Wohnungen eingedrungen, hätten Möbel verrückt oder Fenster geöffnet. US-Medien zufolge soll Kerry schon bei früheren Treffen mit Lawrow gegen solche Aktionen protestiert haben.

Mitte Juni gab es in Moskau einen Zwischenfall, bei dem ein US-Bürger vor dem Betreten der Botschaft von einem Mitarbeiter des Geheimdienstes FSB zu Boden geworfen und festgehalten wurde. Auf einem Video ist zu sehen, wie es dem Mann gelang, sich in die Botschaft zu retten. Die Washington Post zitierte einen anonymen US-Diplomaten, der russische Vorwürfe bestätigte, dass es sich bei dem Mann um einen Mitarbeiter des US-Geheimdienstes CIA gehandelt habe.

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