Süddeutsche Zeitung

Diplomatie:Neues Iran-Format

Berlin und die verbündeten Europäer suchen regelmäßige Gespräche mit Iran, um künftig Krisen besser vorbeugen zu können.

Von Mike Szymanski und Paul-Anton Krüger, Berlin

Mit einem "strukturierten Dialog" zu Regionalthemen wollen Deutschland und seine europäischen Verbündeten eine neue Krise mit Iran vermeiden. "Wir Europäer teilen die Kritik und die Sorge unserer amerikanischen Verbündeten mit Blick auf die hochproblematische Rolle Irans in der Region und auf das iranische Raketenprogramm", sagte der amtierende Bundesaußenminister Sigmar Gabriel der Süddeutschen Zeitung. Gleichzeitig wolle man aber "die unbestreitbaren Errungenschaften" des Atomabkommens mit Iran nicht infrage stellen. In München fand am Wochenende am Rande der Sicherheitskonferenz ein erstes Treffen in diesem neuen Format statt, an dem neben Frankreich, Großbritannien und Deutschland auch Italien und die EU als Vorsitz beteiligt sind. Künftig sollen sich die Vizeaußenminister oder politischen Direktoren der Ministerien mindestens alle drei Monate treffen.

US-Präsident Donald Trump droht damit, das Abkommen zu kündigen, sollte es nicht in entscheidenden Punkten Verbesserungen geben - etwa die bislang befristete Laufzeit für Beschränkungen bei der Urananreicherung umzuwandeln in eine permanente Regelung. Die USA haben über ihre Botschaften in Paris, London und Berlin die Regierungen dazu aufgefordert, an der "Beseitigung der signifikanten Schwachstellen des Abkommen" mitzuarbeiten, entweder durch ein Ergänzungs- oder ein Folgeabkommen. Zugleich verlangen die Amerikaner mehr Druck der Europäer vor allem wegen des Raketenprogramms und der Revolutionsgarden.

Gabriel warnt hingegen, dass man einem Abbau der Spannungen nur näherkomme, "wenn wir neben anhaltendem spürbarem Druck in einen Gesprächsprozess mit Iran einsteigen, um Lösungsansätze zu finden". Das müsse ein echter Dialog sein mit einer offenen Auseinandersetzung über die verschiedenen Interessen und Bedrohungswahrnehmungen. Bei dem Gespräch in München ging es etwa um Jemen, wo Iran die Huthi-Milizen gegen die international anerkannte Regierung unterstützt. Man erwarte "von der iranischen Seite die Bereitschaft, sich auf diesen Prozess einzulassen", sagte Gabriel - bei weiteren Sitzungen soll etwa die iranische Politik in Syrien thematisiert werden. Laut Diplomaten geht es explizit nicht darum, bis zum Ablauf der Frist von Präsident Trump im Mai konkrete Ergebnisse zu liefern.

Gabriel und seine europäischen Kollegen wollen das Format bewusst für weitere Teilnehmer offenhalten - auch bei den Atomverhandlungen seien die Amerikaner erst später dazugestoßen, sagen an den neuen Gesprächen beteiligte Personen. Italien wurde dazugebeten, weil es gute Beziehungen zu Teheran pflegt - aber auch um jeden Anschein zu vermeiden, es handle sich bei dem neuen Gesprächsformat um einen Versuch, das Atomabkommen nachzuverhandeln. Die Europäer haben das bisher ebenso wie Iran kategorisch ausgeschlossen, Russland und China, ebenfalls Vertragsparteien, teilen diese Position. Wie die USA sich zur neuen Initiative verhalten werden, ist noch offen.

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SZ vom 21.02.2018
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