Bund und Länder:Justizminister streiten über die Ziele der Digitalisierung

Bund und Länder: Marco Buschmann stellt sich die digitale Zukunft der Justiz anders vor als manche Landesjustizminister.

Marco Buschmann stellt sich die digitale Zukunft der Justiz anders vor als manche Landesjustizminister.

(Foto: Chris Emil Janssen/Imago)

Für die Digitalisierung der Justiz will der Bundesjustizminister den Ländern bis zu 200 Millionen Euro bereitstellen. Doch wofür soll das Geld genau verwendet werden?

Von Constanze von Bullion, Berlin

Die Technik veraltet, die Konzepte diffus: Die Digitalisierung der Justiz ist ein Sorgenkind in Deutschland. Weil die Stimmung in Gerichten und Staatsanwaltschaften gewittrig wird, rückten die Justizministerinnen und -minister der Länder an diesem Donnerstag Justizminister Marco Buschmann (FDP) bei ihrer gemeinsamen Sitzung in Berlin aufs Haus.

"Wir müssen dringend ein neues Miteinander von Bund und Ländern bei der Digitalisierung finden", sagte Bayerns Justizminister Georg Eisenreich (CSU) der Süddeutschen Zeitung vor dem Treffen. Wo der Bund Gesetze mache, die die Länder zu finanzieren hätten, müsse sichergestellt sein, "dass der Weg gemeinsam abgestimmt wird". Nach Abschluss der Sitzung stellte Eisenreich zumindest fest, dass man sich gegenseitig zugesagt habe, "dass wir an einer gemeinsamen Strategie und Priorisierung arbeiten".

Bevor die Länder das Geld bekommen, sollen sie sinnvolle Vorhaben benennen

Bis zu 200 Millionen Euro über vier Jahre will der Bundesjustizminister den Ländern für die Digitalisierung der Justiz bereitstellen - vorausgesetzt, sie benennen ihm sinnvolle Vorhaben. Beim Bund hat man Sorge, dass die Mittel in unabgestimmten Digitalvorhaben versickern.

Die Länder wiederum sind verstimmt, weil es eigentlich auch Mittel für mehr Justizpersonal geben sollte. Mit Verweis auf den Haushalt lehnt Buschmann das ab. Geld gibt es nur für die Digitalisierung, 50 Millionen pro Jahr.

Buschmanns Angebot sorge "nicht für Begeisterungsstürme", sagte Bayerns Justizminister Eisenreich. Kontrovers ist aber vor allem, welche digitalen Vorhaben Vorrang haben sollen. Die Länder wollen etwa die E-Akte bundesweit voranbringen, ein Programm zur digitalen Ablage von Justizakten. Auch in die elektronische Registerführung und das gemeinsame Fachverfahren für die Justiz, kurz GeFa, müsse investiert werden, damit Gerichte und Staatsanwaltschaften effektiv arbeiten können.

Buschmann hingegen hat ein digitales Klagetool angekündigt. Damit sollen Bürgerinnen und Bürger kleinere rechtliche Ansprüche - etwa nach ausgefallenen Flügen oder im Mietrecht - zügig geltend machen können. Nett, aber nicht prioritär, heißt es aus den Ländern.

Vielen Justizbehörden fehlt es an moderner Hardware, Leitungen, IT-Personal

"Die Entwicklung moderner Zugangswege zur Justiz einschließlich einfach zu bedienender Online-Tools ist für sich genommen sehr begrüßenswert und dringend geboten", sagte Hamburgs grüne Justizsenatorin Anna Gallina der SZ. "Es genügt aber nicht, ein einzelnes Tool zu entwickeln, wenn die weitere Bearbeitung nicht entsprechend digitalisiert erfolgen kann."

Vielen Justizbehörden fehlt es an moderner Hardware, Leitungen, IT-Personal, auch an der Verlässlichkeit eines "weitgehend medienbruchfreien Verfahrens", so nennt Gallina das. Zweckgebundene, temporäre Projektmittel seien "bei Weitem nicht ausreichend".

Auch der Deutsche Richterbund drängt auf nachhaltige Digitalisierung. "Bei derart knappen Mitteln gilt: die Schwarzbrot-Themen zuerst", sagte Bundesgeschäftsführer Sven Rebehn. Die Justiz müsse zuerst die nötige digitale Infrastruktur haben, um flächendeckend auf der Höhe der Zeit arbeiten zu können. "Berliner Schaufensterprojekte sollten aus Sicht der Justizpraxis zunächst zurückstehen." Nach dem Treffen sprach Hamburgs Justizsenatorin aber immerhin von einem "Aufeinanderzugehen" - und Buschmann von einer "Mammutaufgabe".

Zur SZ-Startseite

SZ PlusExklusivReformpläne
:Die Post soll zuverlässiger und digitaler werden

Mangelnde Pünktlichkeit, verlorene Briefe: Die Post bereitete den Kunden zuletzt viel Ärger. Mit den Reformplänen der Regierung könnte die Zustellung wieder besser werden - und teurer.

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: