Digitale Krisenassistenten:App eins, App zwei, App drei

Auch für Gesundheitsämter wird nun eine Corona-Anwendung entwickelt. Sie soll den Mitarbeitern bei der Kontrolle von Bürgern helfen, die in Quarantäne leben müssen.

Von Max Muth

Deutschlands Gesundheitssystem produziert gerade große App-Verwirrung. An der App, mit der derzeit die größten Hoffnungen verbunden werden, der Tracing-App zur Nachverfolgung von Corona-Risikokontakten, arbeiten die Unternehmen SAP und Telekom. Mit einer fertigen App ist dem Vernehmen nach Mitte Juni zu rechnen. Bereits zum Herunterladen bereit ist dagegen die sogenannte Datenspende-App, mit der Bürger dem Robert-Koch-Institut (RKI) Daten ihrer Fitnesstracker zur Verfügung stellen können. Das RKI will daraus Erkenntnisse für Corona-Symptomverläufe gewinnen.

Und dann war da noch eine dritte App, die Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) schon vor gut drei Wochen in einem Nebensatz erwähnte. Die Gesundheitsämter sollten digitale Unterstützung bei der Kontrolle von Quarantänefällen bekommen, sagte Spahn damals. Weitere Details: Fehlanzeige. Etwas Licht ins Dunkel bringt jetzt die Antwort der Bundesregierung auf eine Anfrage des FDP-Abgeordneten Manuel Höferlin.

Bürger, die Kontakt zu Infizierten hatten, sollen ein Symptom-Tagebuch führen

Demnach wird die App derzeit vom Münchner Medizin-IT-Start-up Climedo Health und der US-Softwarefirma SAS entwickelt. Climedo Health bietet laut Beschreibung auf seiner Webseite bereits eine Art digitalen Assistenten für Ärzte an, der die Therapie begleitet. Eine ähnliche Unterstützung ist jetzt auch für Gesundheitsämter geplant. Die können die Hilfe gut gebrauchen. Eine Umfrage von WDR und NDR ergab, dass sich viele Ämter überlastet fühlen. Die Umfrage zeigt zudem, dass die Ämter bei der Kontrolle von Bürgern, die wegen Corona-Kontakten in Quarantäne müssen, sehr unterschiedlich vorgehen. Einige Ämter rufen die Betroffenen täglich an, andere Behörden gaben an, die Angerufenen empfänden das als Störung. Und dann gibt es noch Ämter, die Bürger bitten, sich per E-Mail zu melden, sobald sie Symptome entwickeln.

Eine App könnte helfen, diesen Prozess zu standardisieren. Die Anwendung soll als eine Art Symptom-Tagebuch funktionieren, in das die Nutzer täglich Daten über ihren Gesundheitszustand eintragen. Die App soll in der Lage sein, eine Verschlechterung des Gesundheitszustandes der Nutzer zu erkennen. Mitarbeitern der Ämter würde so ermöglicht, nur die relevanten Fälle persönlich zu kontaktieren. Auch für Bürger in Quarantäne könnte das eine Entlastung sein.

FDP-Digitalexperte Höferlin wünscht sich nach dem Planungschaos um die Corona-Apps des Gesundheitsministeriums vor allem bessere Kommunikation. Das Durcheinander habe einiges Vertrauen in der Bevölkerung gekostet. Wichtig sei deshalb, dass auch das Nutzen der Quarantäne-App freiwillig wird. Zudem müsste sichergestellt sein, dass bei der App europäische Datenschutzstandards gelten und Daten der Bürger ausschließlich in Deutschland gespeichert werden.

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