Süddeutsche Zeitung

Dietmar Bartsch im Wortlaut:"Weil ich den Weg frei machen möchte"

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Linken-Geschäftsführer Dietmar Bartsch gibt auf. Nach langen Querelen wird er im Mai nicht mehr für den Posten des Geschäftsführers antreten. Seine Erklärung im Wortlaut.

Dietmar Bartsch, Bundesgeschäftsführer der Linken, erklärt am 15. Januar 2010:

Keine erneute Kandidatur als Bundesgeschäftsführer

Auf dem ersten Bundesparteitag der Partei Die Linke in Cottbus wurde ich mit einem überzeugenden Wahlergebnis als Bundesgeschäftsführer gewählt. Diese Aufgabe werde ich für die gesamte Amtszeit wahrnehmen und unter anderem den 2. Bundesparteitag in Rostock vorbereiten. Das entspricht meinem Verständnis von Verantwortung für die Partei.

Zur bisherigen Bilanz meiner Arbeit als Bundesgeschäftsführer und Bundeswahlkampfleiter gehören großartige Wahlergebnisse der Partei auf allen Ebenen, ein erfolgreicher Parteiaufbau mit einer ständig steigenden Mitgliederzahl, die politische Profilierung der Partei Die Linke einschließlich ihres wachsenden Einflusses auf die Gesellschaft und die Politik in unserem Land. Ich habe gute Kontakte zur Basis der Partei, ohne die diese Erfolge nicht möglich gewesen wären, und ich habe meinen Beitrag geleistet, dass der Parteivorstand die Partei vernünftig führen konnte.

In den letzten Wochen ist allerdings eine Situation entstanden, die die Politikfähigkeit der Partei gefährdet. Über mich wurden Lügen verbreitet, gegen mich wurden inakzeptable Vorwürfe in zum Teil extrem kulturloser Weise erhoben. Sogar von Illoyalität war die Rede. Noch einmal will ich in aller Klarheit feststellen: Den Vorwurf der Illoyalität weise ich entschieden zurück. Parteitags- und Vorstandsbeschlüsse waren und sind die Grundlage meiner Arbeit.

Im Kern geht es nicht um eine personelle Auseinandersetzung. Es handelt sich nicht um einen Konflikt zwischen Lafontaine und Bartsch, es handelt sich erst recht nicht um einen Konflikt zwischen Ost und West. Es geht um die politische und strategische Ausrichtung der Partei. Wie in jeder Partei, so gibt es auch in der Linken Auseinandersetzungen um den Kurs und um politische Herangehensweisen. Ich setze mich dafür ein, dass wir in der Partei eine offene Programmdebatte führen, die von geistiger Weite geprägt ist und in einem kulturvollen Klima stattfindet.

Klar und eindeutig: Ich befürworte Regierungsbeteiligungen der Linken auf klarem inhaltlichem Fundament, die unsere politischen Vorstellungen durchsetzen helfen. Dazu gehört auch, in der parteipolitischen Auseinandersetzung die Neoliberalen in CDU/CSU und FDP als die Hauptgegner zu betrachten, gerade auch angesichts der neuen Regierungskonstellation. Dafür werde ich auch weiter als politischer Akteur kämpfen und die strategische und programmatische Diskussion mit führen.

Ich werde allerdings auf dem bevorstehenden Bundesparteitag in Rostock nicht für die Funktion des Bundesgeschäftsführers kandidieren, weil ich den Weg frei machen möchte - weg von einer Personaldebatte, hin zur Politik.

In Briefen aus Ost und West und in vielen Gesprächen erfahre ich in diesen Tagen Zuspruch und Ermutigung von Mitgliedern und aus Gliederungen der Partei, aber auch von parteilosen Bürgerinnen und Bürgern. Das berührt mich und dafür will ich herzlich danken. Besonders danke ich den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Berliner Karl-Liebknecht-Haus, auf deren Engagement und Leistungsfähigkeit ich als Bundesgeschäftsführer stets bauen kann.

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