Diebstahl von Bankdaten:Verdienst und Vergeltung

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Die Steuerbehörden bekommen oft Angebote von Datendieben. Manche Daten erweisen sich als sehr ertragreich - doch in anderen Fällen ist das Material untauglich oder der Preis ist zu hoch.

Hans Leyendecker

Die Kriminalitätsforschung unterscheidet bei einzelnen Delikten zwischen einem Hellfeld und einem Dunkelfeld. Beim Hellfeld handelt es sich um die von den Strafverfolgungsbehörden ermittelten Straftaten. Beim Dunkelfeld handelt es sich um nicht entdeckte oder aber nicht angezeigte Straftaten.

Wird derzeit stärker mit Bankdaten gehandelt als sonst? Der Schein trügt. (Foto: Foto: Imago)

Es liegt in der Logik, dass das Dunkelfeld immer erheblich höher ist als das Hellfeld. Ausführliche Berichte in Medien über Kriminalitätsphänomene vermitteln leicht den Eindruck, das Dunkelfeld helle sich auf - was aber meistens nicht stimmt.

Diese Feststellung trifft auch auf die jetzt gemeldeten Fälle der Angebote von Datendieben in Baden-Württemberg und Bayern zu. In den vergangenen Jahren seien deutschen Finanzbehörden "mindestens ein halbes Dutzend Datensätze angeboten worden", ohne dass es zu einem Handel gekommen sei, sagte ein Steuerbeamter erklärt, der anonym bleiben möchte. "Eher liege die Zahl noch höher."

Entweder habe das Material nicht getaugt oder die Geldforderungen der Datendiebe seien unrealistisch gewesen. So wandte sich ein in der Schweiz lebender Unternehmer im Oktober 2008 an die Düsseldorfer Steuerfahndung. Er bot Material an, das einen Geschäftspartner überführen sollte, der ihn offenbar gelinkt hatte.

Test vor dem Kauf

Als Gegenleistung forderte er zehn Prozent des Steuererlöses, höchstens zehn Millionen Euro - und erst dann, wenn der Fiskus das Geld eingetrieben habe. Die Steuerfahnder zeigten sich interessiert, aber die Oberfinanzdirektion Rheinland lehnte ab. Durch den prozentualen Anteil lasse sich die Summe der eingetriebenen Steuern errechnen und das sei ein Verstoß gegen das Steuergeheimnis.

Ohnehin könne es nicht angehen, dass jeder, der etwas über einen Steuerhinterzieher wisse, versuche, Kapital daraus zu schlagen.

Das Angebot des Schweizer Unternehmers war schon eine steuerliche Besonderheit - aber wahr ist auch, dass die grundsätzliche Betrachtung solcher Fälle stark von der Qualität der angebotenen Waren abhängt.

Im Fall der Daten, die Anfang 2009 Mannheimer Steuerfahndern angeboten wurden, war zumindest der erste Eindruck unbefriedigend. Die Frage, ob gekauft werden solle oder nicht, erübrigte sich zunächst. Jetzt hat der Datendieb weitere Arbeitsproben geliefert. Man wird sehen. Ähnliches gilt auch für den Münchner Fall.

Die Bedingungen für einen solchen Handel hat die Wuppertaler Steuerfahndung vorgegeben, die sowohl im Liechtensteiner LGT-Fall als auch im Fall der Credit Suisse die Verhandlungen mit den Datendieben führte.

Im LGT-Fall handelte sich bei dem Anbieter um den ehemaligen LGT-Mitarbeiter Heinrich Kieber, der als hervorragender Computerspezialist galt.

Bei der Vaduzer Bank hatte er die Aufgabe, sämtliche Papierdokumente der LGT Treuhand zu digitalisieren. Er hatte Zugang zum Archiv der Bank, konnte Kontodaten, Verträge und sogar handschriftliche Vermerke besorgen.

Nachdem er durch Vermittlung des Bundesnachrichtendienstes Kontakt zu den Wuppertaler Steuerfahndern hatte, gab er zunächst 14 Arbeitsproben ab, die überprüft wurden. Fast alle waren Treffer. Später überreichte er eine Liste mit 150 Namen, die auch überprüft wurden.

Die meisten Personen auf dieser Liste hatten ihren Liechtensteiner Schatz nicht dem deutschen Fiskus gemeldet. Kieber erhielt 4,6 Millionen Euro, die von Bund und Ländern bezahlt wurden. Das Honorar wurde mit einem pauschalen Satz von zehn Prozent für Informanten versteuert. Außerdem besorgte ihm der BND eine neue Identität.

Gestützt auf Kiebers Unterlagen wurden 590 Ermittlungsverfahren eingeleitet, ein Drittel davon ist erledigt. Nach derzeitigem Stand sind bislang in die Staatskassen etwa 200 Millionen Euro geflossen.

Im Fall der Daten der 1400 deutschen Kunden der Credit Suisse waren die Fahnder ähnlich vorgegangen. Sie hatten zunächst fünf Arbeitsproben ange-fordert und dann noch einmal 100 Proben. Zudem hatte der Unbekannte weitere interne Unterlagen der Bank besorgt. Der bekannt gewordene Preis von 2,5 Millionen Euro gilt vergleichsweise als sehr kommod.

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