Die SPD und ihre Troika:Drei, zwei, Steinmeier

Die Troika hat ihren Charme verloren, dennoch ziert sich die SPD offiziell, das Trio zugunsten eines Spitzenkandidaten aufzugeben. Immerhin noch vor Weihnachten soll das vermeintliche Geheimnis gelüftet werden. Parteichef Sigmar Gabriel ist wohl bereits aus dem Rennen - und wer vom Duo Steinmeier und Steinbrück übrig bleibt, lässt sich schon heute leicht ausrechnen.

Thorsten Denkler, Berlin

Die jüngste Meldung zur Kandidaten-Frage in der SPD ähnelt schon eher einer Posse. Die Leipziger Volkszeitung berichtete, die Partei wolle schon auf dem SPD-Parteitag Anfang Dezember in Berlin den Kandidaten küren. Allerdings ist für Anfang Dezember gar kein SPD-Parteitag geplant - die Genossen wollen sich das Geld sparen und lieber in den Wahlkampf investieren.

Zukunftskongress der SPD-Bundestagsfraktion

Die drei von der SPD: Peer Steinbrück, Sigmar Gabriel und Frank-Walter Steinmeier (von links).

(Foto: dapd)

Immerhin: Wahrscheinlich noch vor der Niedersachsen-Wahl im Januar werden sich Frank-Walter Steinmeier, Peer Steinbrück und Sigmar Gabriel zusammensetzen und auskungeln, wer von ihnen ins Rennen gegen die übermächtige Kanzlerin Angela Merkel gehen wird. Im März dann wird der Kandidat auf einem Wahlparteitag aufs Schild gehoben.

Die Spannung hochhalten, Interesse an der SPD wecken. Das waren einst die Ziele der Troika-Idee. Doch das Trio zieht nicht mehr. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) ist es ohnehin egal, wer gegen sie verlieren wird. Das Bild, das die Troika abgibt, schadet der SPD im Moment mehr, als dass es ihr nützt. Da sitzen drei Kerle, die es nicht mal zusammen vermögen, der Kanzlerin Paroli zu bieten - geschweige denn, so etwas wie eine Wechselstimmung im Land zu erzeugen.

Die Troika gibt es längst nicht mehr

Da helfen auch die durchaus berechtigten Spekulationen nicht, Gabriel habe keine Lust mehr auf den Job. Vergangenen Samstag hätte er unter Beweis stellen könne, dass er noch will. Hat er aber nicht. Auf dem Zukunftskongress der SPD-Bundestagsfraktion in Berlin redeten alle drei Aspiranten. Gabriel aber hatte nach wenigen Minuten offenbar keine Lust mehr. Jemand, der unbedingt Kanzler werden möchte, hätte seinen Konkurrenten sicher nicht derart fahrlässig das Feld überlassen.

Die Troika gibt es also längst nicht mehr. Die Frage ist nur noch: Wird es Steinmeier oder macht es Steinbrück? Der eine (Steinmeier) wäre der bessere Kanzler, der andere (Steinbrück) der bessere Kandidat, sagen manche. Aber das muss so nicht stimmen.

Dass Steinmeier im Kanzleramt eine gute Figur machen würde, gilt jedoch als unbestritten. Er war selbst Kanzleramtschef und danach Außenminister mit hohen Zustimmungswerten. Der 56-Jährige ist ein versierter und umsichtiger Politiker, dem allerdings die Gabe fehlt, die Menschen mitzureißen. Er hat dazugelernt, seit er 2009 mit einer kaum noch zu rettenden SPD baden ging. Inzwischen hat er mehr gute Tage am Rednerpult als schlechte.

Steinmeier profitierte davon, dass ihm die herbe Niederlage von 2009 (23 Prozent) kaum jemand persönlich anlastete. So schlecht war er dann doch nicht. Aber verhindern konnte der damalige Spitzenkandidat das Debakel eben auch nicht. Das Technokraten-Image legte er 2010 ab, als er eine politische Auszeit nahm und seiner Frau eine Niere spendete.

Steinbrück, der Gegenentwurf zur Kanzlerin

Der zweite der Stones, Peer Steinbrück, der angeblich bessere Kandidat, ist der Liebling der Parteirechten. Dabei hat auch er noch keine Wahl gewonnen, im Gegenteil. Unvergessen ist seine Wahlniederlage 2005 als Ministerpräsident von Nordrhein-Westfalen. Plötzlich war die SPD in ihrem Stammland in der Opposition. Noch am gleichen Tag kündigte der damalige Bundeskanzler Gerhard Schröder Neuwahlen im Bund an.

Anders als Steinmeier wäre Steinbrück das klassische Gegenmodell zu Merkel. Aufbrausend, polarisierend, lieber laut als leise. Eine gewisse Arroganz im Umgang mit Menschen, denen er intellektuell nicht sonderlich viel zutraut, umgibt ihn. Dummerweise hinterlässt er allerdings den Eindruck, die meisten Menschen für nicht besonders schlau zu halten. Gut, Helmut Schmidt vielleicht schon, den SPD-Altkanzler, der Steinbrück vor knapp einem Jahr womöglich etwas vorzeitig zu seinem Lieblings-Kanzlerkandidaten erwählte.

Beide möglichen Kandidaten haben am Ende ein Problem. Es trägt den Namen Angela Merkel und erfreut sich größter Beliebtheit beim Wahlvolk. Ihre CDU führt aktuell mit sieben Prozentpunkten vor der SPD. Merkel wird zugetraut, die Euro-Krise zu meistern. Gegen sie wirkt nur Steinbrück wie ein echter Gegenkandidat und Steinmeier eher wie ein Garant für Kontinuität - und zwar mit Merkel. Das könnte der SPD aber sogar nutzen. Die Deutschen wollen aktuellen Umfragen zufolge mehrheitlich die große Koalition.

Ein schwarz-rotes Bündnis wird von Tag zu Tag wahrscheinlicher. In den Umfragen kommen die Sozialdemokraten seit Jahren nicht stabil über 30 Prozent. Um selbst sicher den Kanzler stellen zu können, müssten es schon satt über 35 Prozent sein, während zugleich die Grünen bei 15 plus x landen sollten.

Ein rot-grünes Zweierbündnis ist schwierig

Doch dem rot-grünen Traumprojekt steht die sich verändernde Parteienlandschaft entgegen. Neben FDP und Linken könnten auch die Piraten in den Bundestag einziehen - damit wäre ein klassisches Zweierbündnis nahezu ausgeschlossen.

Die SPD braucht also jemanden, der zwar im unwahrscheinlichen Fall Kanzler kann, aber vor allem die Partei ohne Gesichtsverlust in eine große Koalition zu führen vermag. Steinbrück dürfte dieser Mann nicht sein. Der 65-Jährige hat unmissverständlich klargestellt, dass er unter Merkel nicht Minister werden wird. Also müssten bei den Koalitionsverhandlungen er oder Merkel abgeräumt werden. Dann doch lieber gleich Steinmeier.

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