Die neue Linke-Fraktion in NRW:Die Spitze des Wahnsinns

Fraktion der Fragwürdigen: Wer versucht, der Linken in NRW Regierungsfähigkeit zu attestieren, sollte einen Blick auf die Mitglieder der neuen Linksfraktion im Landtag werfen.

Thorsten Denkler

Rein rechnerisch würde es ja passen, inhaltlich mit Schmerzen womöglich auch. Aber eine weitere entscheidende Frage darf nicht außer Acht gelassen werden, wenn es darum gehen sollte, in Nordrhein-Westfalen das erste Linksbündnis aus SPD, Grünen und Linken zu schmieden: Wer sitzt da eigentlich für die Linken im Landtag?

Bärbel Beuermann, Wolfgang Zimmermann, apn

Die neue Linksfraktion im nordrhein-westfälischen Landtag wird angeführt von Bärbel Beuermann und Wolfgang Zimmermann.

(Foto: Foto: apn)

Einige in der Bundespitze der Linken haben eine gut begründete Ahnung. Als "Hort des Wahnsinns" bezeichnen dort manche den NRW-Ableger mit seinen knapp 7000 Mitgliedern, die mal eine Maschinensteuer, mal ein "Recht auf Rausch" fordern.

Lob der DDR

An der Spitze des Wahnsinns sitzt jetzt die neue Linksfraktion im Landtag von Nordrhein-Westfalen. Sie umfasst zehn Mitglieder. Angeführt wird die von den Spitzenkandidaten der Linken im Wahlkampf, Bärbel Beuermann und Wolfgang Zimmermann.

Bärbel Beuermann gehört wie auch andere in der neuen Landtagsfraktion der Strömung "sozialistische Linke" innerhalb der Linken an. Es ist eine Plattform, die sich nach eigener Darstellung in der "Tradition der sozialistischen ArbeiterInnenbewegung" sieht und die an "linkssozialdemokratische und reformkommunistische Traditionen anknüpft". Eine "wichtige Grundlage unserer Positionen bilden marxistische Gesellschaftsanalysen".

Beuermann rangiert auf Platz 22 der Erstunterzeichner des Gründungspapiers der sozialistischen Linken. Darin stehen auch diese Sätze. "Die DDR war ein legitimer Versuch, auf deutschem Boden eine Alternative zum Kapitalismus aufzubauen. Sie hat beachtliche Erfolge in der Herstellung sozialer Gerechtigkeit, im Bildungswesen und der Erwerbstätigkeit der Frauen erreicht."

Fragwürdige Antworten

Wer versucht, sie darauf anzusprechen, dem kann es gehen wie einem Team des ARD-Nachrichtenmagazins Report Mainz. Das stellte Bärbel Beuermann zwei einfache Fragen: War die DDR ein legitimer Versuch? Beuermann antwortet ausweichend: "Aus der Sicht der Menschen, die diesen Staat damals gegründet haben, ist dieses sicherlich ein legitimer Versuch gewesen." War dann auch die Stasi legitim? Beuermann antwortet mit einer Gegenfrage: "Ist der Verfassungsschutz legitim?" Später beendet sie das Gespräch mit den Reportern so: "Ich hätte gerne Ihre Karte. Sie werden von uns hören."

Ähnlich verhält sich Carolin Butterwegge, frisches Landtagsmitglied, Vize-Fraktionschefin und promovierte Sozialarbeiterin. Wie Beuermann ist sie Mitglied der sozialistischen Linken. Die DDR, ein legitimer Versuch? "Auf jeden Fall. Ja", sagt sie den SWR-Reportern. Und die Stasi? Darauf weiß sie nicht recht zu antworten: "Die Stasi ...hm... Die Stasi... jetzt warten Sie mal."

Die sozialistische Linke ist gut vertreten in der neuen Landtagsfraktion. Zu ihr gehört auch der stellvertretende Landesvorsitzende der Linken und Pressesprecher Ralf Michalowsky. Michalowsky ist jetzt parlamentarischer Geschäftsführer der Linksfraktion.

Lesen Sie auf der nächsten Seite, welche Verbindungen zu linksextremistischen Organisationen es in der neuen Linkenfraktion in NRW gibt.

Linksextremistische Verbandelungen

Interessant auch die Aussage der Gymnasiallehrerin Gunhild Böth, immerhin über Platz fünf der Landesliste ins NRW-Parlament gerückt. Böth ist 1978 wegen einer Zusammenarbeit mit Kommunisten aus der SPD ausgeschlossen worden. Von 1979 bis 1989 gehörte sie der DKP an, seit dem der PDS und ihren Nachfolgeorganisationen.

Hilfe für ehemalige RAF-Mitglieder

Von den Reportern gefragt, ob die DDR ein Unrechtsstaat war, antwortet Böth freimütig: "Insgesamt, in toto, kann man das, glaube ich, so nicht sagen. Wenn man sich anguckt, aus welchen Trümmern und unter welchen Reparationszahlungen sie eine neue Republik aufgebaut haben, finde ich das sehr beeindruckend." Die 58-Jährige soll nach dem Willen der Linken Vizepräsidentin des neuen Düsseldorfer Landtags werden.

Und weiter geht es mit den Seltsamkeiten: Anna Conrads etwa. Sie ist für die "Rote Hilfe" aktiv, die sich für politische Gefangene einsetzt - unter anderem auch für ehemalige RAF-Mitglieder. Die Rote Hilfe wird als linksextremistische Vereinigung vom Verfassungsschutz beobachtet.

Hinzu kommen die drei gebürtigen Kurden unter den Linken-Abgeordneten: Ali Atalan, Özlem Alev Demirel und Hamide Akbayir. Alle drei stehen unter Verdacht, der als terroristisch eingestuften kurdischen Partei PKK nahezustehen. Zumindest Ali Atalan und Hamide Akbayir unterstützen Aktionen von Ye-Kom, der Föderation der kurdischen Vereine in Deutschland, die als eine Art legaler Arm der PKK in Deutschland agiert. Ye-Kom hat offen zur Wahl der drei Linken-Politiker aufgerufen.

Özlem Alev Demirel gehört, wie Fraktionschef Zimmermann, der "antikapitalistischen Linken" (AKL) an, neben der Sozialistischen Linken die zweite bestimmende Strömung innerhalb der NRW-Linken. Die AKL wird vom Verfassungsschutz des Landes Baden-Württemberg als offen linksextremistisch eingestuft. Die AKL könnte zu einem ernsten Problem für die Stabilität einer rot-rot-grünen Regierung werden. Sie agiert dezidiert lieber aus der Opposition heraus.

Mühevolle Koalitionsbildung

Zu den Sollbruchstellen gehört auch Rüdiger Sagel, neuer stellvertretender Fraktionschef der Linken in NRW. Sagel saß bis 2007 für die Grünen im Landtag und wechselte dann zur Linken. Dem plötzlich Fraktionslosen wurde ein Kellerraum als Abgeordnetenbüro zugewiesen. Den Grünen wirft er vor, linke Positionen verraten zu haben. Wie ein künftiger Koalitionspartner hört er sich nicht an.

Ein solches Bündnis ließe sich ohnehin nur mir viel Mühe schmieden. Die Linke hat dafür hohe formale Hürden gesetzt. Bevor es zu Koalitionsgesprächen kommen kann, muss ein Sonderparteitag das Vorhaben absegnen. Später müsste ein Koalitionsvertrag erst einen Mitgliederentscheid überleben. Grob gerechnet sind ein Drittel der Linksparteimitglieder in NRW strikt gegen eine Regierungsbeteiligung, ein Drittel dafür und ein Drittel unentschieden. Die zu überzeugen dürfte der größte Kraftakt sein, um ein Linksbündnis auf den Weg zu bringen.

Sozialdemokraten und Grüne, denen noch immer nicht die Lust an einer Zusammenarbeit mit der Linken in NRW vergangen ist, sollten sich einige Wahlplakate der Linken aus dem Landtagswahlkampf in Erinnerung rufen. Was da stand, kann nicht gerade als Bewerbung für ein rot-rot-grünes Linksbündnis gewertet werden. "Wer hat uns verraten - Sozialdemokraten", heißt es auf einem Plakat. Auf einem anderen: "Wer grün wählt, wird sich schwarz ärgern."

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