Die Montagsfrage:Kann man Wachstum per Gesetz beschleunigen?

Kann sich Deutschland Steuersenkungen leisten? Hermann Otto Solms, Karl Heinz Däke und Klaus F. Zimmermann über das Wachstumsbeschleunigungsgesetz.

Weitere Videos finden Sie hier

Am 18. Dezember soll es den Bundesrat passieren, doch kann das Wachstumsbeschleunigungsgesetz halten, was es verspricht? Welche Risiken birgt es? Kann sich Deutschland die beabsichtigten Steuersenkungen überhaupt leisten?

"Das bringt zusammen mit den bereits beschlossenen Maßnahmen zur Abzugsfähigkeit der Krankenversicherungsbeiträge eine Entlastung für die Bürger von etwa 22 bis 23 Milliarden Euro", rechnet FDP-Politiker Hermann Otto Solms vor. "Das ist ein riesiger Betrag und das wird sich auswirken." Solms vertritt die Ansicht, dass man "den Wirtschaftskreislauf beflügeln kann, dadurch dass Sie mehr Liquidität zur Verfügung stellen" und betont, dass insbesondere Haushalte mit Kindern ihr Konsumverhalten ändern würden. "Gerade die Familien neigen dazu, das Geld möglichst auch auszugeben, um die Kinder richtig auszustatten."

Auch Karl Heinz Däke, Präsident des Bundes der Steuerzahler, geht davon aus, dass das Gesetz "erhebliche Impulse auslösen wird". Wachstum werde seiner Meinung nach jedoch "nicht generiert, weil die Maßnahmen, die getroffen werden sehr zersplittet sind". Das sei bei dem Gesetzesvorhaben aber ohnehin nicht beabsichtigt worden: "Nach der Intention des Gesetzgebers soll es die Probleme, die sich aufgrund der Finanz- und Wirtschaftskrise ergeben, aufheben. Das Gesetz soll nicht das Wachstum beschleunigen, sondern die gegenwärtige Situation etwas stabil halten."

Kritisch gegenüber dem Gesetz äußert sich in der Montagsfrage der Präsident des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, Klaus F. Zimmermann: "Wachstum beschleunigen kann kein Gesetz, die meisten Gesetze schaffen auch kein Wachstum und dieses erst recht nicht, weil es einfach zu klein ist und an den falschen Punkten ansetzt." Er verweist bei den geplanten Steuersenkungen auf die langfristigen Konsequenzen: "Wir wissen, dass sich der Staat im Zuge der Rettung der Konjunktur und der Banken über alle Maßen belastet hat und dass in einigen Jahren auch noch die demographischen Herausforderungen hinzukommen. Das wird uns alle in erheblichem Umfang so in Anspruch nehmen, dass der Staat seine Aufgaben nicht erfüllen kann, wenn er jetzt die Steuern auch noch senkt."

Doch die Steuersenkungen müssen kommen, mahnt Karl Heinz Däke: "Deutschland hat Steuersenkungen gewählt, das war ein wesentlicher Punkt im Wahlkampf." Die Blockadehaltung einiger Länder im Bundesrat kann er nicht nachvollziehen: "Dem Koalitionsvertrag haben auch die CDU-geführten Länder zugestimmt. Es kann nicht sein, dass sich von heute auf morgen auch in den Ländern die Finanzsituation so dramatisch verändert hat, dass sie jetzt, wenn das Gesetz verabschiedet werden soll, plötzlich eine andere Situation haben wollen."

Klaus F. Zimmermann sieht angesichts der im Wahlkampf versprochenen Steuersenkungen das Wachstumsbeschleunigungsgesetz als eine "gesichtswahrende Maßnahme für die Regierungsparteien. Es ist sicherlich ein Fehlstart, was man jetzt sieht. Denn die erste wichtige Maßnahme einer Regierung sollte eine sein, die symbolisch für die Amtszeit wird. Denn nur die ersten Maßnahmen sind die, die sich am Ende überhaupt durchsetzen lassen. Hier hat man zwar symbolisch gesagt: 'Wir senken jetzt Steuern.' Aber es ist ja, wie wir sehen, eine sehr fragwürdige Senkung der Steuerlast. Das wird nicht überzeugen."

Die Montagsfrage wird präsentiert von www.planet-interview.de (Portal für Interviews.)

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: