Horst Seehofer provoziert mal wieder: Zuwanderer aus "anderen Kulturkreisen wie der Türkei und arabischen Ländern" täten sich "insgesamt schwerer" bei der Integration, sagte er im Focus-Interview. Deutschland brauche deswegen keine "zusätzliche Zuwanderung aus anderen Kulturkreisen". Inzwischen ruderte Seehofer schon wieder zurück - und muss sich prompt den Vorwurf der Wankelmütigkeit gefallen lassen. Mit seinen Äußerungen hat der bayerische Ministerpräsident in den Medien ein großes Echo gefunden. Nur verstehen will ihn niemand - er sei ein "rechtspopulistischer Sprücheklopfer", der einen "semantischen Kulturkampf" entfache.
Die Berliner tageszeitung dreht den Spieß einfach um und bezeichnet Horst Seehofer als "Integrationsverweigerer": Deutschkenntnisse - ungenügend, Demokratieverständnis: mangelhaft, Werteorientierung - fundamentalistisch, Lebensunterhalt - steuerfinanziert, Frauen - befriedigend.
Weiterhin kommentiert die taz: "Kultur ist eine prima Sache. Dank ihrer kann man im Kino einem Film anschauen, ins Theater oder in die Oper gehen, ein Rockkonzert besuchen, dicke Bücher lesen oder eine Performance zelebrieren. Oder einen Kulturbeutel packen. Horst Seehofer ist nun eine bedeutende Erweiterung des Kulturbegriffs zu verdanken: Man kann, folgt man dem CSU-Vorsitzenden, mit dem Verweis auf Kultur ausgrenzen, Zusammenleben zerstören und der eigenen Klientel vermeintliche Sicherheit bieten. (...) Die Debatte ist ein Musterbeispiel dafür, wie man gesellschaftliche Trennungen vorantreibt und bestimmte Gruppen bewusst und planmäßig stigmatisiert. Dass es dabei ausgerechnet muslimische Einwanderer trifft, ist kein Zufall, sondern pure Berechnung, weil diese den Bedrohtheitsvorstellungen vieler Deutschen entsprechen."