Parteitag:Linke folgt dem Beispiel der CDU

Janine Wissler, Linke

Janine Wissler, hier bei einer realen Parteiveranstaltung 2019, soll eine der beiden neuen Linken-Chefinnen werden. Doch dafür braucht es einen Parteitag.

(Foto: Lino Mirgeler/dpa)

Auf einem Parteitag wollen die Linken endlich ihr neues Führungsduo wählen - doch wegen der Corona-Pandemie wurde er mehrfach verschoben. Nun wird er wohl digital stattfinden.

Von Boris Herrmann

Es kommt nicht alle Tage vor, dass sich die Linkspartei ein Beispiel an der CDU nimmt. Aber jetzt muss es wohl sein, ausnahmsweise. Und gegen alle inneren Widerstände. Der verlängerte Lockdown und das Mutationsgeschehen lassen der Linken kaum eine andere Wahl.

Der bisherige Plan sah vor, ihren bereits zweimal verschobenen Parteitag in einer Mischform am 26. und 27. Februar nachzuholen. Am ersten Tag sollten die Delegierten online diskutieren, um am zweiten Tag die neue Parteispitze analog zu wählen - auf 16 bundesweit verteilten Mini-Präsenzparteitagen. Eine Vorstandswahl rein per Mausklick wurde bis zuletzt als rechtlich wackelig und intern unvermittelbar erachtet. Nach dem technisch nahezu reibungslosen CDU-Digitalparteitag lässt sich diese Sicht aber kaum noch rechtfertigen. Auch die Linke scheint inzwischen einzusehen: Digital ist besser als gar nicht.

"Das Ding wird nicht noch einmal verschoben"

Nach SZ-Informationen will die Linkspartei deshalb kurzfristig umplanen. Die Delegierten sollen Ende Februar nun doch aus dem Home-Office die Parteiführung wählen. Das werde der Bundesvorstand auf seiner nächsten Sitzung am Samstag mit großer Wahrscheinlichkeit beschließen, kündigen mehrere Beteiligte an. Eines sei dagegen klar: "Das Ding wird nicht noch einmal verschoben", heißt es.

Dann doch lieber das CDU-Modell. Es basiert, wie in linken Kreisen gerne gelästert wird, auf einem formalen Trick: Einem digitalen Meinungsbild folgt eine schriftliche Bestätigung per Briefwahl - und wenn alles gutgeht, kommt am Ende zweimal dasselbe (etwa Laschet) raus.

Im Gegensatz zur CDU ging es bei der Linken nie um das Ergebnis. Seit Wochen steht praktisch fest, dass Janine Wissler und Susanne Hennig-Wellsow die neue Doppelspitze bilden werden. Die Frage ist eher: Wann denn endlich? Die beiden Frauen werden sehnsüchtig erwartet, können aber nicht anfangen, solange sie nicht offiziell gewählt sind. Es tickt die Uhr im Bundestagswahljahr, und die Linke ist de facto führungslos.

Wissler, die als Parteivize ein Wörtchen mitzureden hat beim Wahlprozedere, sagt: "Schön ist das alles nicht. Aber ich nehme im Vorstand einen breiten Konsens wahr, dass wir diesen Parteitag jetzt machen müssen." Es gehe nur noch um die Form. Wenn aber weder eine Verschiebung noch eine herkömmliche Wahl infrage kommt, dann bleibt im Grunde nur noch der christdemokratische Weg.

Natürlich haben sie den CDU-Parteitag genau verfolgt, um sich gegebenenfalls davon inspirieren zu lassen. Über die sogenannte Aussprache mit der CDU-Basis kann man aber nur lachen im Karl-Liebknecht-Haus: "Die haben ungefähr fünf Stimmen zugeschaltet, eine hat nicht funktioniert, und eine war Jens Spahn", heißt es. Da ticke die eigene Basis ganz anders, die wolle mitreden.

Die Linke ist stolz auf ihre gesunde (und mitunter auch maßlose) Diskussionskultur. Auch auf einem komplett digitalen Parteitag soll deshalb ausführlich gestritten werden dürfen. Mehr Gespräch dürfte aber auch deutlich mehr Geruckel bedeuten. Denn auch das war der Linken eine Lehre vom CDU-Parteitag: Wenn die Technik klemmt, dann eher nicht auf der großen Showbühne, sondern zu Hause an den Endgeräten. Und die stehen bei der ehemaligen Volkspartei des Ostens häufig in funklöchrigen Gegenden.

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