Die Linke: Parteichef Klaus Ernst:"Auch wer nicht arm ist, darf links sein"

Linke-Chef Klaus Ernst verteidigt sich gegen die Kritik an seinem Gehalt und macht einen Vorschlag: Er will künftig auf 1913 Euro verzichten. Das große Tribunal fällt damit aus.

Daniel Brössler

Klaus Ernst kommt, strahlt und schweigt. Einmal noch hält sich der Vorsitzende der Linkspartei an den Vorsatz, den er einige Wochen lang befolgt hat. Vor der Sitzung im Berliner Karl-Liebknecht-Haus will er nichts sagen. Zuerst sollen die Mitglieder des geschäftsführenden Parteivorstandes und die Linken-Chefs aus den Ländern hören, wie er auf die Vorwürfe reagiert, die Ernst den Sommer hindurch verfolgt haben.

Ernst will längere Zahlung des Arbeitslosengeldes I

"Wir haben tatsächlich Fehler gemacht" - Linke-Chef Klaus Ernst will künftig auf Teile seiner Zulagen verzichten.

(Foto: dpa)

Wirklich geklappt hat es mit dem Schweigen aber wieder nicht. Gregor Gysi, der Chef der Linksfraktion im Bundestag, hat schon am Vortag Ernsts Verteidigungsstrategie preisgegeben. Dem Vorwurf der Gehälterhäufung will der Parteichef begegnen, indem er zwar nicht auf seinen Parteilohn in Höhe von 3500 Euro verzichtet, wohl aber auf eine Zulage von 1913 Euro, die Angehörige des Fraktionsvorstandes erhalten. Ernst möchte, dass die Sache vom Tisch kommt.

Eine "Kampagne" der Medien

Mit einer Sache allein ist es aber nicht getan. Gleich aus drei Richtungen kam für den Linken-Chef in diesem Sommer der Ärger. Neben interner Kritik an Bezügen von Bundestag, Fraktion und Partei, die sich insgesamt auf 13000 Euro summieren, steht Ernst im Visier der Berliner Staatsanwaltschaft, die ermittelt, ob der Abgeordnete bestimmte Reisen über den Bundestag abrechnen durfte. Und als hätte das noch nicht genügt, erhob der Schatzmeister der Linken im heimatlichen Bayern, Ulrich Voß, den Vorwurf, Ernst habe mit Karteileichen Politik gemacht.

Ernst hat eine klare Vorstellung davon, wie es zu dieser Häufung von Unannehmlichkeiten kommen konnte - und bringt das in der Sitzung auch gleich zur Sprache. Es handele sich um eine "Kampagne" der Medien, die sich mehr gegen die Partei als gegen ihn selbst richte. Das hätten die meisten in der Partei ja auch verstanden, meint Ernst und verbindet das mit einem Seitenhieb gegen alle jenen Linken-Politiker, die sich zuletzt öffentlich kritisch zu seinen Bezügen geäußert haben. Es wird daraufhin von mehreren, etwa vom Baden-Württemberger Ulrich Maurer, Solidarität für den Vorsitzenden eingefordert. Ernst kann schließlich mit dem Eindruck in die Pause gehen, ihm sei der Rücken gestärkt worden.

Entsprechend tritt er mit seiner Ko-Vorsitzenden Gesine Lötzsch vor die Presse. "Der eine oder andere hat ein Tribunal erwartet", sagt er an die Journalisten gerichtet, "aber da muss ich Sie enttäuschen. Ein Tribunal hat nicht stattgefunden." Stattdessen habe er angesichts der laufenden Kampagne Solidarität erfahren, teilt Ernst mit.

Zwei Vorschläge sind es, mit denen Ernst dennoch versucht, die innerparteilichen Kritiker zu besänftigen und die Debatte um seine Person zu beenden. Zum einen soll eine Arbeitsgruppe gebildet werden, die sich mit Bezügen hauptamtlicher Parteimitarbeiter beschäftigt. Angehören sollen ihr Mitglieder des geschäftsführenden Bundesvorstandes und Vertreter aus den Ländern.

"Wir haben tatsächlich Fehler gemacht"

Außerdem will Ernst im Vorstand im September über eine Regelung abstimmen lassen, wonach kein linker Bundestagsabgeordneter sowohl Zusatzbezüge von der Fraktion als auch von der Partei erhalten darf. Entsprechend dieser Regelung würde Ernst künftig auf seine Fraktionszulage verzichten, aber weiterhin 3500 Euro Gehalt als Parteivorsitzender beziehen. Seine Ko-Vorsitzende Lötzsch wiederum möchte weiterhin kein Geld von der Partei, aber auch künftig die Zulage von 1913 Euro für die Mitgliedschaft im Fraktionsvorstand erhalten.

Warum überhaupt solche Vorschläge, wird Ernst gefragt, wenn doch alles nur eine Kampagne war? "Wir haben tatsächlich Fehler gemacht", räumt er da ein. Es habe ein "Kommunikationsproblem" gegeben in Sachen Vorstandsvergütung. Nun aber werde alles "offen und transparent" geregelt. Dass er sich höchst ungerecht kritisiert sieht, wird dennoch klar. "Man darf auch links sein, wenn man nicht arm ist", stellt der frühere Gewerkschaftsfunktionär fest, der sich seit Mai mit Lötzsch den Parteivorsitz teilt. "Bereichert habe ich mich in dieser Funktion überhaupt nicht", ruft er empört, "im Gegenteil". Tatsächlich hatten Ernsts Bezüge als langjähriger Bevollmächtigter der IG Metall im Bezirk Schweinfurt deutlich höher gelegen.

Mäßige Bilanz nach hundert Tagen

Auch die Ermittlungen gegen ihn, versichert Ernst, würden sich als grundlos erweisen und "vernünftig beendet" werden. Geprüft wird derzeit noch, ob Ernst Reisen zu Aufsichtsratssitzungen und Gewerkschaftstreffen zu Unrecht über das Parlament abgerechnet hat. Er habe die Staatsanwaltschaft mit allen notwendigen Informationen versorgt, sagt Ernst und bleibt bei seiner "Position, dass ich mich absolut korrekt verhalten habe". Als völlig haltlos bewertet Ernst auch die Vorwürfe aus Bayern, er habe bewusst von geschönten Mitgliederzahlen profitiert. Mit der Verwaltung von Mitgliederkarteien in den Kreisverbänden habe er "schlichtweg operativ" nichts zu tun gehabt.

Seit mehr als hundert Tagen sind Lötzsch und Ernst nun im Amt. "Er hätte besser sein können", sagt der Bayer über den Start. Zumindest gemessen aber an den Prognosen, dass die Partei sich zerlegen würde, laufe es "hervorragend".

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: