Linken-Chef Ernst:"Die Personaldebatte kotzt unsere Mitglieder an"

Chaos bei der Linkspartei. Die Basis rebelliert, manche sehnen Lafontaines Zeiten zurück. Parteichef Klaus Ernst mahnt ein Ende der "öffentlichen Schlammschlachten" an. Doch das nächste Streitthema kommt bereits auf: Die Partei soll massive Finanzprobleme haben.

Es gibt dieser Tage angenehmere Jobs als die der Bundesvorsitzenden der Linken: Nach den verlorenen Wahlen in Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz - weder in Stuttgart noch in Mainz schaffte die Partei den Einzug ins Parlament - mussten sich Gesine Lötzsch und Klaus Ernst parteiintern heftige Kritik gefallen lassen. So plädierten führende Linken-Politiker dafür, den früheren Parteivorsitzenden Oskar Lafontaine wieder stärker in die Führungsarbeit einzubinden.

Spekulationen ueber Rueckkehr Lafontaines an Linke-Spitze

Nachdenkliche Gesichter bei den Bundesvorsitzenden der Linken: Gesine Lötzsch und Klaus Ernst auf einer Partei-Pressekonferenz Anfang April

(Foto: dapd)

Nun droht den Linken-Chefs das nächste Ungemach: Nach einem Bericht des Magazins Der Spiegel steht die Partei vor dramatischen Finanzproblemen. Davor habe Schatzmeister Raju Sharma intern mehrfach gewarnt und einen Ausgabestopp verhängt. Bis Ende Mai müsse der Haushalt der Partei für 2011 nach einer Generalrevision neu beschlossen werden. Sharma beklage fehlende Beitragsehrlichkeit und überteuerte Kampagnen des Vorstands, berichtet das Blatt.

Wegen der unklaren Finanzen hätten die beiden Vorsitzenden unter anderem eine lange geplante Konferenz mit den Kreisvorsitzenden abgesagt. Nach Protesten der Basis hätten Lötzsch und Ernst das Treffen nun aber für Juni wieder angesetzt.

Die Partei dementierte den Bericht umgehend. "Es gibt weder Finanzprobleme noch einen Ausgabenstopp", sagte der Linke-Bundesgeschäftsführer Werner Dreibus am Samstag. Anderslautende Berichte basierten auf "Falschinformationen". Der Parteivorstand habe vom Bundesschatzmeister eine aktualisierte Finanzplanung erbeten, damit mehr Geld für die politische Arbeit reserviert bleibe, erklärte Dreibus. Die Linke bekomme keine Großspenden aus der Wirtschaft und trage sich ausschließlich über Mitgliedsbeiträge. "Deshalb ist es wichtig, die Ausgabe jedes Euros genau zu kalkulieren."

Doch die allgemeine Lage der Linkspartei bleibt ernst. Das hat mittlerweile offenbar auch Klaus Ernst erkannt: Der Bundesvorsitzende warnte seine Partei vor Selbstzerstörung und forderte ein Ende des Führungsstreits. Personaldebatten seien sinnvoll, wenn sie zeitnah zu Wahlen geführt würden, sagte Ernst am Samstag auf einem Parteitag der Hamburger Linken. Diese stünden für die Bundestagsfraktion jedoch erst im Herbst und für die Bundepartei erst 2012 an.

"Was wir nicht brauchen, ist eine permanente, aus den eigenen Reihen befeuerte Personaldebatte. Diese Debatte kotzt unsere Mitglieder an", sagte Ernst. Seine Forderung nach einem Ende des Führungsstreits habe nichts mit einem autoritären Parteienverständnis zu tun, schob der Parteichef eilig hinterher. "Wir fordern nicht Disziplin ein, sondern die Vernunft, Regeln anzuerkennen."

Bei seiner ersten öffentlichen Rede nach dem neuerlichen Ausbruch des innerparteilichen Führungsstreits betonte Ernst, die Parteispitze könne nicht mehr zusehen, "wie die innerparteilichen Schlammschlachten (...) gezielt in der Öffentlichkeit ausgetragen werden".

Gleichzeitig schwor Ernst seine Partei auf einen klaren Kurs ein. Die Linke sei die Partei des sozialen und ökologischen Umbaus, der sozialen Gerechtigkeit, des Friedens und der Demokratie. "Wenn wir das bleiben, kriegen wir uns auch konsolidiert. Wenn wir eine 'Linke light' sind, sind wir erledigt", sagte Ernst mit Blick auf die Strategiedebatte nach den jüngsten Wahlniederlagen.

Ernst und Lötzsch sind seit Mai 2010 im Amt, hatten damals Lafontaine und Lothar Bisky abgelöst.

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