Die Grünen im Umfragehoch:Rätsel des Erfolgs

17 Prozent sind kaum zu glauben: Die Grünen erforschen die Gründe ihrer unerwarteten Beliebtheit - und sind froh, nicht von enttäuschten Wählern einer ganz bestimmten Partei zu profitieren.

Michael Bauchmüller

Das gab es noch nie: 17 Prozent der Deutschen würden nach Angaben der jüngsten Forsa-Umfrage die Grünen wählen, wäre am kommenden Sonntag Bundestagswahl. Beim ARD-Deutschlandtrend sind es immerhin 15 Prozent. Da wird manchem in der Partei schon mulmig, denn der enorme Gewinn der Bündnisgrünen fällt mit den Verlusten der FDP zusammen. Laufen liberale Wähler zu den Grünen über? Die Antwort: "NEIN".

Die Grünen im Umfragehoch: Höhenflug: Die Grünen dürfen sich derzeit über steigende Umfragewerte freuen.

Höhenflug: Die Grünen dürfen sich derzeit über steigende Umfragewerte freuen.

(Foto: Foto: dpa)

Nein - großgeschrieben, so steht es in der jüngsten Wähleranalyse der Partei, die am Freitag die Büros der grünen Spitze erreichte. "Die Parallelität der Gewinne beziehungsweise Zuwächse kann nicht darüber hinwegtäuschen", schreibt Bundesgeschäftsführerin Steffi Lemke darin, "es gibt kaum stärker von einander abgrenzbare Elektorate wie die der FDP und Bündnis 90/Die Grünen."

Zwar seien sich beide Gruppen in ihrer sozialen Struktur ähnlich. Aber: "Die wahlentscheidungsprägenden Werteeinstellungen sind doch diametral gegeneinander gerichtet". Folglich seien "Wanderungen von der FDP zu den Grünen im relevanten Bereich mehr oder weniger ausgeschlossen". Puh.

Laut der internen Analyse wandern FDP-Wähler "massiv" zur Union ab, die wiederum dadurch ihre Verluste ans "Nichtwählerlager" teilweise kompensieren kann. Dagegen gewönnen die Grünen am ehesten aus dem SPD-Lager Wähler hinzu und entfalteten obendrein die höchste "Haltequote", also die geringste Mutation von Wählern in Nichtwähler.

Das allerdings erklärt auch den Haken des Erfolgs: Denn die 17 Prozent sind weniger absolute Zuwächse als vor allem relative - sie begründen sich vor allem aus der Schwäche der anderen.

Derweil mehren sich innerhalb der Grünen schon mahnende Stimmen, angesichts solcher Werte nicht in Leichtsinn oder zerstörerische Debatten zu verfallen. Die Grünen haben in der Vergangenheit gelernt, wie schnell sich schöne Umfragewerte durch interne Debatten zerstören lassen. "Gute Umfragewerte waren für uns Grüne noch nie ein Grund, übermütig zu werden", beschwichtigt Parteichefin Claudia Roth. Eher schon seien sie Ansporn.

Noch sehen die Demoskopen durchaus Luft nach oben. In der Analyse der Wählerpotenziale - also der Frage, ob es für Wähler überhaupt vorstellbar ist, eine bestimmte Partei zu wählen - kommen die Grünen in diesem Monat auf 48 Prozent, verglichen mit 55 Prozent bei den beiden Volksparteien Union und SPD.

Da geraten auch die Partei-Analysten ins Schwärmen: "Dass maximal 24 Prozent für die Linkspartei gemessen werden, macht die Dimension noch einmal deutlich", heißt es in dem Papier. "Die Rekordjagd aus dem Jahr 2009 scheint weiterzugehen." Zumindest mal rein demoskopisch.

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