Die Folgen des Vulkanausbruchs:Businessklasse geht vor

Wer bezahlt das Essen der Wartenden, wer hat Vorrang beim Check-in und wie geht es der Umwelt? Die wichtigsten Fragen und Antworten im Überblick.

C. Schrader und C. Weber

Alles Asche? Die wichtigsten Fragen und Antworten zum Vulkanausbruch und den Folgen für Europa:

Business Class, AP

Reisende mit Business-Class-Ticket oder Vielflieger-Karten genießen bei der Lufthansa Priorität.

(Foto: Foto: AP)

Gibt es in Deutschland Anzeichen, dass die Asche zu Boden rieselt?

In England liegt seit Tagen Asche auf Autos. Deutsche Behörden berichten, dass die Feinstaub-Mengen stark ansteigen: am Sonntag auf Bergen im Schwarzwald, am Dienstag in der Eifel, wo zum ersten Mal in dem Reinluftgebiet der Tagesgrenzwert überschritten wurde. In Berlin waren die Messwerte noch unauffällig. Aber: "Die rund 400 Messstationen weisen derzeit auf ansteigende Feinstaubkonzentration am Boden hin", sagt Arno Graff vom Umweltbundesamt.

Ist die Asche gefährlich?

Ist die Asche gefährlich für Menschen und Tiere?

Regenwetter, dpa

Was passiert bei Regen mit der Asche in der Luft?

(Foto: Foto: dpa)

Wirklich gefährlich für die Gesundheit ist die Vulkanasche nicht. Auch die Konzentration an Schwefeldioxid sei so gering, dass sie keine gesundheitlichen Auswirkungen habe, sagt der Leiter der Abteilung Lufthygiene beim Deutschen Wetterdienst in Freiburg. Ähnlich äußerte sich die Weltgesundheitsorganisation. Noch nicht einmal Menschen mit Atemwegserkrankungen hätten Beschwerden zu erwarten. Für Tiere ist die Asche höchstens auf Island selbst gefährlich. Dort befürchten Bauern, in den zentimeterhohen Ablagerungen könnten giftige Fluorverbindungen sein. Solche Chemikalien hatten 1783 nach dem Ausbruch des Vulkans Laki auf der Insel 80 Prozent der Schafe und die Hälfte aller Rinder und Pferde verenden lassen. In der Folge waren auch viele Menschen an Gift oder Hunger gestorben. Allerdings enthält die Asche diesmal nach ersten Einschätzungen keine hohen Fluoranteile.

Was bringt die Zukunft?

Flughafen, dpa

Die Airlines können selbst bestimmen, wen sie zuerst an Bord lassen.

(Foto: Foto: dpa)

Wird es in Zukunft öfter solche Vulkanausbrüche geben?

Das wissen die Forscher nicht. Sie können zwar in den Monaten vor einem Ausbruch Vorzeichen registrieren. Der Berg rumpelt und bebt dann häufiger, und mit seismischen Messgeräten lässt sich auch das Strömen der Magma unter der Erde erkennen. Doch wann der Vulkan tatsächlich ausbricht, weiß keiner. Darum treffen die Wissenschaftler die Entscheidung, wann sie eine Evakuierung der Umgebung anordnen, eher aus dem Bauch heraus.

Kann man die Asche sehen?

Experte, Aschewolke, ddp

Werden uns Experten in Zukunft häufiger den Verlauf von Aschewolken erklären müssen?

(Foto: Foto: ddp)

Kann man die Asche vom Boden aus sehen oder riechen?

Nein, der Staub ist mit bloßen Auge nicht zu sehen, sagt Babette Winter vom Umweltamt Nordrhein-Westfalen. Der gelbe Staubfilm, den man derzeit auf einigen Autos finde, sei auf Blütenpollen zurückzuführen. Allerdings haben die Wissenschaftler im Messflugzeug des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt die Aschewolke in der Luft gesehen. In England berichten einzelne Wetterbeobachter, die Asche rieche etwas rauchig oder schwefelig.

Was passiert bei Regen?

Was passiert, wenn es regnet?

Das wäre gut, weil die Tropfen die Aschepartikel aus der Atmosphäre waschen. Fachleute sprechen von einem Selbstreinigungsprozess der Luft durch Regen.

Wann kehrt Normalität ein?

Bis wann wird sich der Flugbetrieb normalisiert haben?

Die Fluggesellschaften rechnen mit einigen Tagen. Hessen will in der Zeit das Nachtflugverbot aufheben, um die Normalisierung zu beschleunigen.

Welche Passagiere haben Priorität?

Nach welchen Kriterien wird entschieden, welche Passagiere mit an Bord dürfen, wenn es wieder losgeht?

Ein heikles Thema: "Das macht man sehr flexibel", sagt eine Lufthansa-Sprecherin. Klar ist, dass bestätigte Buchungen sicher sind. Erst wenn Plätze übrig bleiben, wird aufgefüllt. Regeln, wer zum Zuge kommt, gibt es nicht, aber man kann davon ausgehen, dass Reisende mit Business-Class-Ticket oder Vielflieger-Karten eine gewisse Priorität haben. Sonst werde auch beachtet, wie lange die Reisenden bereits warten oder ob sie in Notlagen sind, weil sie etwa zu einem wirklich dringenden Termin müssen.

Kann man Piloten zum Fliegen zwingen?

Können Piloten zu sogenannten Sichtflügen gezwungen werden?

Eindeutig nein, sagt der Luftverkehrsanwalt Jan Bartholl. Der Kapitän trage in Sicherheitsfragen die Verantwortung für seine Maschine. Er könne sich nicht vorstellen, dass ein Pilot gegen seine eigene Sicherheitseinschätzung losfliege.

Kann man Passagiere zum Fliegen zwingen?

Können Passagiere die Mitreise bei einem Sichtflug verweigern?

Niemand kann gegen seinen Willen gezwungen werden, einen Flug anzutreten. Umstritten sind aber die wirtschaftlichen Folgen einer Weigerung, wenn die Leistung angeboten wird. Der Frankfurter Flugrechtsexperte Ronald Schmidt meint, dass dem Passagier ein kostenloses Umbuchungsrecht zusteht. Anwalt Bartholl sagt hingegen: Wenn der Gast die Leistung ablehne, müsse er selbst für zusätzliche Kosten aufkommen und verliere sein Recht auf Schadensersatz.

Wer bezahlt die Verpflegung?

Bekommen wartende Passagiere ihre Ausgaben für Essen, Zahnpasta, Babywindeln erstattet?

Hotelzimmer, Essen und Getränke werden in der Regel gestellt. Ob weitere Kosten übernommen werden, entscheiden die Fluggesellschaften im Einzelfall. "Die Verhältnismäßigkeit muss gewahrt bleiben", heißt es bei der Lufthansa.

Wie geht es der Umwelt?

Hat der Vulkanausbruch langfristige Folgen für die Umwelt?

Wahrscheinlich nicht. Der Eyjafjallajökull hätte sein Wolke statt auf neun bis auf 15 Kilometer Höhe ausdehnen müssen, um andauernden Einfluss auf das Klima zu haben. Außerdem hat er vergleichsweise wenig Material ausgeworfen. Die Geologen in Island schätzen es auf ein Zehntel Kubikkilometer. Der Vulkan Laki auf Island hatte 1783 geschätzte 14 Kubikkilometer in die Luft geschleudert, der philippinische Pinatubo 1991 mehr als sechs - beide Ausbrüche hatten zu einem deutlich abgekühlten Sommer in Europa geführt. Der indonesische Tambora hatte 1815 gar 100 Kubikkilometer Auswurf produziert und ließ ein Jahr später den Sommer ausfallen. Auch der Schwefelanteil in der Vulkanwolke ist diesmal gering, er beträgt ein Zehntausendstel der Mengen des Pinatubo. Schwefel in der Atmosphäre kann die Erde abkühlen.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: