Die CDU und die Szenarien:Die roten Socken sind abgehängt

Dem CDU-Wahlkampf fehlt die emotionale Wucht - doch einen scharfen, aggressiven Lagerwahlkampf wird es wohl nicht geben. Kanzlerin Merkel will diese Kampagne nicht.

Stefan Braun

Als am Montag die Sitzung der CDU-Spitzengremien beendet war, konnte man viele aus der Führung treffen, die sich mit leisem Bauchgrimmen, aber auch einer klaren Sprachregelung auf den Heimweg machten. Viele in der Parteiführung spüren, dass die emotionale Wucht fehlt im CDU-Wahlkampf.

Die CDU und die Szenarien: So sah Wahlkampf vor 15 Jahren aus: Die Rote-Socken-Kampagne der CDU.

So sah Wahlkampf vor 15 Jahren aus: Die Rote-Socken-Kampagne der CDU.

(Foto: Foto: dpa)

Viele spüren die große Verlockung, wie in alten Zeiten in einen scharfen, aggressiven Lagerwahlkampf einzutreten. Nicht wenige spüren sogar große Lust, endlich mit einer Kampagne gegen das Schreckgespenst der Konservativen, gegen eine rot-rot-grüne Mehrheit und die Linkspartei anzutreten. Und doch haben sie sich der Logik ihrer Parteichefin Angela Merkel gebeugt, genau das doch bitte bleiben zu lassen.

Merkel will sich in diesem Wahlkampf nicht auf Emotionen, nicht auf heftige Duelle, nicht auf Streit mit dem politischen Gegner einlassen. Das heißt nicht, die politischen Widersacher nicht zu kritisieren. Das wird auch sie in den verbleibenden vier Wochen stärker als bisher machen.

Und dabei wird sie vor allem gegen die Linkspartei und mögliche Bündnisse der SPD mit der Lafontaine-Truppe argumentieren. Aber sie will unter allen Umständen auf Angriffe verzichten, die der SPD und der Linkspartei bei der Mobilisierung helfen könnten. Eine Rote-Socken-Kampagne, wie sie Merkels heute enger Vertrauter Peter Hintze 1994 entwarf, wäre dazu gut geeignet. Deshalb stemmt sich Merkel dagegen.

Keine Zeiten für Attacken

Dahinter liegen vor allem zwei Motive. Zum einen weiß Merkel, dass ihre guten persönlichen Sympathiewerte sehr eng verbunden sind mit ihrer Art, eben nicht dauernd in den billigen parteipolitischen Streit einzutreten. Das gilt umso mehr, seitdem die Wirtschaftskrise derart in den Mittelpunkt gerückt ist. Für die Kanzlerin und ihre engsten Mitstreiter, Generalsekretär Ronald Pofalla und Fraktionschef Volker Kauder, sind das keine Zeiten für Attacken, Streit und Polit-Theater. Aus Sicht dieser drei wollen die Leute in der Krise ruhig regiert und auch ruhig überzeugt werden.

Der zweite Grund ist vor allem durch die Angst gespeist, dass eine Rote-Socken-Kampagne nach altem Muster oder auch ein aggressiver Lagerwahlkampf sie wieder in die Lage des Jahres 2005 versetzen würde, als es der SPD irgendwann gelang, Merkel in die marktradikale Ecke zu drängen. Sie lernte damals, dass Gerhard Schröder im Duell um Gefühle besser war als sie und ihre Christdemokraten es waren. Ob sich das heute geändert hat, will sie nicht ausprobieren.

Das Ja der Führung zu diesem Kurs heißt indes nicht, dass alle das genauso sehen in der CDU-Spitze. Äußerungen von Christian Wulff und Fraktionsvize Wolfgang Bosbach zeigen das auch am Dienstag. Deshalb droht Merkel massivste Kritik, sollte es mit ihrer Strategie am Ende nicht zu Schwarz-Gelb reichen. Bis dahin aber gilt jene Parole, die ein Vertrauter Merkels diese Woche ausgab: "Wir werden nicht losholzen."

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