Die aktuelle Entwicklung:Juni 2001

1. JuniEin Selbstmordattentäter der palästinensischen Hamas-Bewegung sprengt sich und 15 andere Menschen vor einer Diskothek in Tel Aviv in den Tod. 120 Menschen werden zum Teil schwer verletzt. In den nächsten Tagen erliegen vier weitere Menschen ihren Verletzungen.

Vor dem Abflug zu seiner fünftägigen Nahostreise hat Bundesaußenminister Joschka Fischer ein stärkeres Engagement der EU im Nahost-Konflikt angekündigt, eine deutsche Vermittlerrolle aber abgelehnt.

2. JuniDas Kabinett Scharon erwägt, den am 22. Mai einseitig verkündeten Waffenstillstand zu widerrufen. Europa und die USA können Israel aber von Vergeltungsanschlägen abhalten. Andererseits beschließt das Kabinett eine totale Blockade der palästinensischen Autonomiegebiete. Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon sagt seine für die Folgewoche geplante Europareise ab.

Bundesaußenminister Fischer trifft sich in der Grenzstadt Ramallah mit Jassir Arafat. Der Palästinenserpräsident ruft erstmals seit acht Monaten zur Waffenruhe auf.

3. JuniIm Westjordanland und Gaza-Streifen gibt es vereinzelte Schärmützel.

Israelische Kampfflugzeuge dringen in den südlibanesischen Luftraum ein, um einen Angriff vorzutäuschen. Scharon wartet auf Bitten Fischers mit Vergeltungsangriffen. Der Bundesaußenminister verlängert seinen Aufenthalt in Israel, um seine Vermittlungsgespräche fortuzsetzen.

4. JuniBei einem Feuergefecht im Gaza-Streifen werden drei israelische Soldaten und 18 Palästinenser verletzt.Die radikale Hamas und der Islamische Dschihad rufen einen eigenen Waffenstillstand aus. Sie erklären sich nur dazu bereit, ihre Aktivitäten vorerst auf palästinensisches Gebiet zu beschränken.

5. JuniDie israelische Regierung verweigert Arafat die Flugerlaubnis vom Westjordanland in den Gazastreifen. So soll zusätzlicher Druck auf Arafat ausgeübt werden.

Verwirrung herrscht über die Einhaltung des Waffenstillstandes. Die Hamas bestreitet ihr Zugeständnis und kündigt an, ihre Aktionen gegen Israel fortzusetzen.

Fischer wirbt in Kairo um Verständnis im Nahost-Konflikt. Ein Kurzbesuch in Jordanien beendet seine Reise.

6. JuniDer CIA-Direktor George Tenet wird im Nahen Osten zu einer Friedensmission erwartet. Er soll zumindest eine Stabilisierung der Waffenruhe erreichen.

7. JuniTenet gelingt ein erster Erfolg: Israelis und Palästinenser haben sich zu gemeinsamen Sicherheitsgesprächen in Ramallah im Westjordanland bereit erklärt.

8. JuniDer US-Sondergesandte William Burns schaltet sich in die Vermitllungsbemühungen ein. Er trifft sich mit dem israelischen Außenminister Schimon Peres.

Nach dem moslemischen Freitagsgebet kommt es im Gaza-Streifen zu Ausschreitungen.

9. JuniTenet informiert in Kairo den ägyptischen Präsidenten Husni Mubarak über die Sicherheitsgespräche in Ramallah.

10. JuniIm Gaza-Streifen werden drei Beduinenfrauen von israelischen Soldaten erschossen. Neue Ausschreitungen sind die Folge, die Tenet-Mission steht auf der Kippe. Ein für den Abend geplantes zweites Gespräch der Konfliktparteien wird von Tenet verschoben.

11. JuniEndlich findet das zweite Gespräch statt. Über den Inhalt der Vermittlungsvorschläge des CIA-Chefs wird nichts bekannt.Ein fünf Monate altes israelisches Baby stirbt an den schweren Kopfverletzungen, die es durch einen von Palästinensern geschleuderten Stein erlitten hat.

12. JuniDie USA setzen die Konfliktparteien unter Druck. CIA-Direktor Tenet will bis zum Abend Fortschritte bei den Gesprächen sehen oder seine Mission für gescheitert erklären. Palästinenser-Führer Arafat ist offenbar zum Einlenken bereit.

13. JuniArafat akzeptiert die Bedingungen für eine Waffenruhe. Jetzt werden auch erste Details des Tenet-Plans bekannt. Er setzt unter anderem eine sechswöchige stabile Waffenruhe voraus.

20./21. JuniEin weiteres Treffen zwischen israelischen und palästinensischen Sicherheitsvertretern geht ohne Ergebnis zu Ende. Die Übereinkunft scheitert an Differenzen bezüglich der Umsetzung der Waffenruhe und den Rückzug der israelischen Armee aus den besetzten Gebieten.

Währenddessen halten die Kämpfe zwischen Israelis und Palästinensern unvermindert an. Bei der Siedlung Homesch im Westjordanland stirbt ein jüdischer Siedler durch Schüsse von Palästinensern. Außerdem feuern militante Palästinenser vom Gazastreifen aus mehrere Mörsergranaten auf israelisches Gebiet.

An der Grenze zum Westjordanland wird ein Palästinenser von israelischen Soldaten erschossen. Seit vor einer Woche die von den USA ausgehandelte Waffenruhe in Kraft getreten ist, starben somit zehn Menschen.

Trotz der jüngsten Anschläge auf jüdische Siedler will die israelische Regierung weiter an der Waffenruhe mit den Palästinensern festhalten.

22. JuniDie Europäische Union (EU) und die USA bemühen sich weiter um die Festigung der brüchigen Waffenruhe im Nahen Osten. Der EU-Außenkoordinator Javier Solana und der US-Sondergesandte William Burns reisen nach Jerusalem, um in getrennten Gesprächen mit Israels Außenminister Peres zu sprechen. Beide wollen auch Palästinenser-Präsident Arafat treffen.

23. JuniArafat verspricht Solana bei ihrem Treffen, einen "maximalen Einsatz" bei einer Umsetzung der Waffenruhe. Die palästinensische Autonomiebehörde nimmt erstmals Gewalttäter fest, die gegen die Waffenruhe mit Israel verstoßen.

Unterdessen hält die Gewalt weiter an. Im ersten Selbstmordanschlag seit Beginn der Waffenruhe sprengt sich nahe der jüdischen Siedlung Dugit im Norden des Gazastreifens ein Palästinenser in die Luft. Dabei sterben außer dem Attentäre auch zwei israelische Soldaten. Zu den Anschlag bekennt sich die radikal-islamische Hamas.

Israelische Soldaten erschießen im Gazastreifen ein Mitglied der Brigaden Essedin el Kassam, dem bewaffneten Arm der Hamas. Auch rücken erneut Panzer und Bulldozer im südlichen Gazastreifen in autonomes Palästinensergebiet ein, was von Israel bestritten wird.

24. JuniBei einer Explosion im Westjordanland wird ein von der israelischen Regierung gesuchtes Mitglied der Fatah-Organisation getötet. Die Fatah spricht von einem Attentat. Die israelische Regierung gibt dazu keinen Kommentar ab.

Israels Regierungschef Scharon spricht Arafat ab, etwas gegen die "Terroristen" in den eigenen Reihen zu unternehmen. Er bezeichnet Arafat als ein "Hindernis für den Frieden".

25. JuniIm Gazastreifen feuern Palästinenser nach Angaben der israelischen Armee zwei Mörsergranaten auf die Siedlung Kfar Darom. Die Palästinenser weisen die Berichte zurück, berichten jedoch, ein israelischer Panzer und Bulldozer seien auf palästinensisches Gebiet im Gazastreifen vorgedrungen und hätten dort Land eingeebnet. Die israelische Armee gibt an, nichts davon zu wissen.

Palästinenser feuern auch Schüsse auf das Innenstadtviertel in Hebron ab. Dort leben rund 400 jüdische Siedler unter dem Schutz hunderter israelischer Soldaten. Die Soldaten schießen zurück. Fünf Israelis, unter ihnen ein siebenjähriger Junge, und zehn Palästinenser werden verletzt.

Zu dem Beschuss bekennt sich eine Splittergruppe der Fatah-Bewegung, die ihn als Rache für den Tod eines Fatah-Mitglieds bezeichnet.

Im Westjordanland nehmen bewaffnete Siedler Patrouillen entlang der Hauptverbindungsstraßen zwischen ihren Siedlungen auf, um Angriffe militanter Palästinenser abzuwehren.

Unterdessen trifft Scharon in den USA ein, um mit US-Präsident George W. Bush über den gefährdeten Waffenstillstand mit den Palästinensern sprechen. Bei einem Zwischenstopp in London bekräftigt er seine Forderung nach einem Ende jeglicher Gewalt als Bedingung für Friedensgespräche mit den Palästinensern.

26. JuniNach den Schüssen auf jüdische Siedler riegelt die israelische Armee die Stadt Hebron im Westjordanland vollkommen ab. Palästinenser dürfen "bis auf weiteres" weder ein- noch ausreisen.

Auch die Städte Nablus und Dschenin im Westjordanland werden von der israelische Armee abgeriegelt.

In der Nähe von Tulkarem nehmen israelische Soldaten fünf mutmaßliche Mitglieder der radikal-islamischen Palästinenserorganisation Hamas fest.

Der israelische Ministerpräsident Ariel Scharon will am Abend mit US-Präsident Bush über die Lage in Nahost sprechen. Scharon bezeichnet zuvor die Waffenruhe als brüchig und nennt Arafat den Kopf einer Terrorbande.

Nach dem Treffen Scharons mit Bush will US-Außenminister Powell zu Gesprächen in den Nahen Osten reisen.

29. Juni

Israelis und Palästinenser einigen sich nach der Vermittlung Powells auf einen Zeitplan zur Wiederaufnahme von Friedensgesprächen. Wie Powell mitteilt, soll nach sieben Tagen ohne Gewalt eine sechswöchige Periode der Abkühlung beginnen.

Anschließend sollen vertrauensbildende Maßnahmen folgen, zu denen ein Baustopp für jüdische Siedlungen im Westjordanland und im Gazastreifen zählt.

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