Deutschland rüstet auf:Innenverteidiger

Selbstverteidigungskurs

"Köln war wie eine Initialzündung": Boxen beim Selbstverteidigungskurs im Berliner Hard-Candy-Studio mit Dirk Kalinowski.

(Foto: Regina Schmeken)

Was ist nur los mit den Deutschen? Sie buchen Kampftrainer, sie kaufen mehr Schusswaffen und Pfefferspray. Über ein Land, das sich verändert.

Von Renate Meinhof

Wir bleiben mal gleich bei Kalle, weil niemand hier oben Herr Kalinowski zu ihm sagt, oder gar Dirk, denn das ist sein Vorname. Kalle hat ein feines, fast jünglingshaftes Gesicht, und sollte es Narben tragen, so sind sie nicht sichtbar, nicht auf den ersten Blick. Träfe man ihn unten, im wogenden Absatzgeklapper der Ku'damm-Einkäufer, man würde es vielleicht einem Apotheker zuordnen, dieses Gesicht, einem Musiker, meinetwegen, jedenfalls keinem mit beredten Fäusten. Einzig das Tänzeln, das in jeder seiner Bewegungen von der Fähigkeit zeugt, einem Schlag auszuweichen, um den eigenen schmerzbringend zu platzieren, verrät ihn, Kalle, den Boxer, den Berliner, alte DDR-Schule, mit fünfzehn hat er angefangen. Er war auch Sänger in einer Punkband, die ausgerechnet Zerfall hieß, ein Name wie eine Ansage, sagt Kalle - "Na, was zerfällt denn da, Kalinowski, etwa das sozialistische System?" - so nahm ihn die Stasi in die Mangel, mit sechzehn. So wurde er Schuhmacherlehrling, dann Ausreiseantragsteller, dann Neuankömmling, Abiturnachholer, Student.

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