Süddeutsche Zeitung

Nach irischem Votum:Opposition fordert echte Ehe für Homosexuelle

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Von Stefan Braun, Berlin

Nach dem überraschend klaren Votum der Iren für eine komplette rechtliche Gleichstellung homosexueller Paare geraten CDU und CSU unter Druck, auch in Deutschland gleichgeschlechtliche Lebenspartnerschaften auf eine Ebene mit klassischen Ehen zu stellen. Politiker von SPD, Grünen, Linken und FDP riefen die Union am Pfingstwochenende auf, ihren Widerstand dagegen aufzugeben.

Die Iren hatten sich in einem Volksentscheid mit breiter Mehrheit für eine Gleichstellung ausgesprochen; gut 62 Prozent stimmten dafür. Die katholische Kirche hatte vehement für ein Nein geworben. Nach der Niederlage erklärte der Erzbischof von Dublin, Diarmuid Martin, seine Kirche stehe vor der großen Herausforderung, ihre Botschaft künftig noch zu den Menschen zu bringen.

In Deutschland forderten Vertreter der Opposition und der SPD die Union auf, aus dem Votum die richtigen Konsequenzen zu ziehen. Linkspartei-Fraktionschef Gregor Gysi sagte der SZ, der Beschluss der Iren komme einer "kulturellen Revolution" gleich, die vor nicht allzu langer Zeit noch "unvorstellbar" gewesen wäre. "Nun darf es kein Zögern mehr geben", verlangte Gysi. "Unverzüglich müssen wir nachholen, was die Iren uns vorgemacht haben. Die kulturelle Erziehung der Union muss Schwung bekommen."

Grünen-Parteichefin Simone Peter sagte, das irische Votum zeige, wie rückständig Deutschland bei der Gleichstellung sei, obwohl es unter Rot-Grün mit der Schaffung der "Eingetragenen Lebenspartnerschaften" mal einen Spitzenplatz innegehabt hätte. "In vielen Ländern Europas wie Frankreich, Großbritannien, Spanien und jetzt auch Irland ist die Ehe für gleichgeschlechtliche Paare geöffnet. Da muss Deutschland endlich nachziehen."

Auch SPD wirbt für Gleichstellung

Die Vize-Vorsitzende der FDP, Katja Suding, erklärte, die Iren wüssten, dass "damit keineswegs dem Wert der Ehe zwischen Frau und Mann eine Absage erteilt, wohl aber den Menschenrechten der anders Liebenden Genüge getan wird". Auch Kinder hätten dadurch keinen Schaden, sondern einen Vorteil. Suding kritisierte die SPD dafür, dass sie mit Verweis auf ihren Regierungspartner nicht entschlossen für eine umfassende Gleichstellung kämpfe.

Auch Bundesjustizminister Heiko Maas (SPD) warb am Wochenende erneut für eine umfassende Gleichstellung, erklärte aber auch, dass sie in der Koalition "leider nur schwer realisierbar" sei.

Das Kabinett will nun an diesem Mittwoch ein Gesetz beschließen, das die Gleichstellung zumindest in kleinen Schritten vorantreiben soll. Darin geht es teilweise nur um sprachliche Ergänzungen, teilweise aber auch um echte Gleichstellung, beispielsweise bei der Vererbung von Bauernhöfen. Eine volle Gleichstellung lehnt die Union ab, insbesondere beim Adoptionsrecht.

"Die Frage der Homo-Ehe ist eine hochpolitische, die wir als Union breit in CDU und CSU diskutieren müssten, wenn es Änderungsbedarf gibt", sagte der familienpolitische Sprecher der Unionsfraktion, Marcus Weinberg. "Wir wollen nicht, dass ein wesentliches politisches Thema für die Union mitten in der Legislaturperiode komplett neu justiert wird."

Allerdings gibt es auch in der Union andere Stimmen: So drängt der Bundesverband der Lesben und Schwulen in der CDU auf eine Öffnung der Partei bei diesem Thema. "Das klare Ja in Irland ist ein Signal. In Deutschland, gerade auch in unserer Partei muss jetzt etwas passieren", sagte Verbandschef Alexander Vogt Spiegel Online. Er appellierte an die Kanzlerin, sich über die "Blockierer in der CDU" hinwegzusetzen und schnell zu handeln. "Frau Merkel braucht nicht einmal mehr voranpreschen. Sie muss nur noch auf den Zug aufspringen", sagte Vogt.

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SZ vom 26.05.2015
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