Monatelang hatte die Bundesregierung beinahe alle Rüstungslieferungen an Israel gestoppt. Nun soll es wieder losgehen – mit Getrieben für den israelischen Merkava-Panzer. Die Augsburger Renk AG darf diese Bauteile exportieren. Das entschied am Montag das Verwaltungsgericht in Frankfurt am Main und wies damit einen Eilantrag von Menschenrechtsanwälten des European Center for Constitutional and Human Rights (ECCHR) zurück, die diesen Export noch zu verhindern versucht hatten. (Az. 5 L 3799/24.F)
In der Entscheidung des Gerichts heißt es, Israels Vorgehen in Gaza sei „völkerrechtlich durchaus fragwürdig“. Die Bundesregierung und die ihr untergeordneten Behörden seien dazu verpflichtet, „die Menschenrechtslage bei jeder Ausfuhrentscheidung zu berücksichtigen“ – und zwar auch dann, wenn es sich nicht um Kriegswaffen im engeren juristischen Sinne handele, also zum Beispiel Munition oder Panzerfäuste, sondern wie in diesem Fall „nur“ um sonstige Rüstungsgüter wie eben Fahrzeuggetriebe. Dies schreibe das Außenwirtschaftsgesetz vor.
Es stehe der Justiz nicht zu, über das rechtlich Gebotene hinaus „Politik zu treiben“, so die Frankfurter Richter
Allerdings meinen die Richter, die zuständige Behörde komme dieser Pflicht „nach eigener Darstellung nach“. Zuständig ist das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) mit Sitz in Eschborn. Nicht jeder Einsatz von Rüstungsgütern, so schreiben die Richter weiter, führe schließlich zu Völkerrechtsverstößen. Israel könne Rüstungsgüter „neben dem Kriegsgeschehen in Gaza auch anderweitig zur Landesverteidigung“ einsetzen, „etwa zum Schutz vor der Hisbollah aus dem Libanon, vor islamistischen Milizen aus Syrien oder vor einem befürchteten Angriff durch den Iran“. Für das Frankfurter Gericht sei jedenfalls nicht erkennbar, dass das Bafa sich „leichtfertig oder in willkürlicher Art und Weise“ für eine Genehmigung dieses Rüstungsexports entschieden habe.
Das in Berlin ansässige ECCHR hatte zwei Mandanten vertreten, die in Gaza leben. Die beiden Palästinenser seien nach dem Konzept des deutschen Außenwirtschaftsgesetzes (AWG) ohnehin nicht befugt zu klagen, wenden die Frankfurter Richter ein. Damit sei auch schon ihr Eilantrag an das Gericht unzulässig. Nach dem AWG könnten nur Unternehmen klagen, denen eine Exportgenehmigung verweigert wird, nicht aber betroffene Zivilisten. „Das katastrophale Ausmaß des Kriegsgeschehens in Gaza ist unbestritten“, schreiben die Richter. Aber ein Recht, sich an deutsche Gerichte zu wenden, hätten die beiden Palästinenser erst, wenn sie „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ durch deutsche Waffen bedroht seien.

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In seiner Eilentscheidung bezieht sich das Frankfurter Gericht auch auf die vom Bundestag am 5. November verabschiedete Resolution „Nie wieder ist jetzt – Jüdisches Leben in Deutschland schützen, bewahren und stärken“, die einige Sätze zur Situation in Israel enthält. „Dem Bundestagsbeschluss wohnt die außenpolitische Aufforderung an die Bundesregierung inne, eine menschenrechtskonforme Friedenslösung für Israel und die palästinensischen Gebiete mitzuentwickeln“, schreiben die Richter. „Daneben hebt der Beschluss aber auch die politische Pflicht der Bundesregierung zum aktiven Schutz Israels hervor.“
Diese Bundestagsresolution, so meinen die Richter, sei ein Beispiel dafür, wie intensiv sich das Parlament und die Regierung in Deutschland derzeit mit der Frage beschäftigen würden, welche Rüstungsexporte „auch menschenrechtlich und völkerrechtlich vertretbar“ seien. Auch deshalb stehe es der Justiz nicht zu, sich hier einzumischen und über das rechtlich Gebotene hinaus „Politik zu treiben“. Beim ECCHR hieß es am Dienstag, man wolle auf jeden Fall eine Beschwerde gegen diese Entscheidung beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel einlegen – auch wenn dies den Export von Panzerteilen nach Israel nun nicht mehr stoppt.