Nach der grundsätzlichen Einigung zwischen Deutschland, Frankreich und Spanien über den Bau eines neuen Kampfjets wollen Union und SPD im Bundestag zügig einen entsprechenden Haushaltsbeschluss verabschieden. Dabei ist Tempo geboten, um mit Blick auf die zu Ende gehende Legislaturperiode die notwendigen Fristen einzuhalten. Die Kosten für die nächste Entwicklungsphase des Luftkampfsystems FCAS (Future Combat Air System) sind nach französischen Angaben auf 3,5 Milliarden Euro veranschlagt, die zu gleichen Teilen auf die drei Partnerstaaten entfallen sollen. Damit soll bis 2027 ein flugfähiger Prototyp entwickelt werden. Darin sind die Baukosten noch nicht enthalten.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt zeigte sich am Dienstag "sehr zuversichtlich", dass das Projekt rechtzeitig auf den parlamentarischen Weg gebracht werden könne. Union und SPD hätten daran "ein gemeinsames Interesse", sagte Dobrindt. Er gehe davon aus, "dass dieser gemeinsame Wille trägt und die entsprechenden Finanzierungen auch sicherstellt".
Verteidigung:Vernetzter Kampfflieger
Deutschland will mit Frankreich einen Nachfolger für den Eurofighter entwickeln. Aufträge der Marine sollen künftig an deutsche Anbieter gehen.
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich bekräftigte die Unterstützung der Sozialdemokraten für das Projekt: "Wir haben von Seiten der SPD-Bundestagsfraktion zusammen mit dem Koalitionspartner den Verteidigungshaushalt für verschiedene Rüstungsvorhaben gestärkt", sagte Mützenich, davon sei der Kampfjet "ein Teil gewesen".
Der Haushaltsausschuss soll sich nun Ende Juni mit der ersten Beschaffungsvorlage befassen. Ein Beschluss noch in dieser Legislaturperiode gilt auch als notwendig, weil bei einer neuen Regierungsmehrheit nach der Bundestagswahl eine Unterstützung des Projekts nicht garantiert ist.
Nun kommen die Details unter die Lupe
Der verteidigungspolitische Sprecher der Grünen, Tobias Lindner, äußerte sich abwartend: "Immerhin scheint eine lange Hängepartie mit der Grundsatzeinigung für die nächste Entwicklungsphase zu einem Ende gekommen zu sein", sagte Lindner der Frankfurter Allgemeinen Zeitung. "Es reicht aber nicht allein aus, dass es eine Einigung gibt; sie muss auch inhaltlich tragfähig sein."
Wichtig sei es, dass die Rahmenbedingungen stimmten und Fehler wie beim europäischen Transportflugzeug A400M nicht wiederholt würden. Man werde sich in den kommenden Wochen die Details der Einigung "sehr gründlich anschauen". Das betreffe sowohl Fragen der jeweiligen Arbeitsanteile der Programm-Nationen als auch des geistigen Eigentums an den Entwicklungsergebnissen.
In den vergangenen Monaten war das Projekt wegen Streitigkeiten über diese Themen zwischen den beteiligten Unternehmen in den drei Partnerstaaten an den Rand des Scheitern geraten. Das wäre politisch ein schwerer Rückschlag für die deutsch-französische Zusammenarbeit weit über den Verteidigungsbereich hinaus gewesen und hätte Teile der europäischen Rüstungsindustrie gefährdet. Die Firmen, auf französischer Seite Konsortialführer Dassault, auf deutscher Seite Airbus, hatten nicht zuletzt auf politischen Druck nach monatelangem Ringen eine Einigung erzielt.
Frankreichs Präsident Emmanuel Macron hatte das mit Gesamtkosten von 100 Milliarden Euro angesetzte teuerste Rüstungsprojekt in Europa im Juli 2017 mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) vereinbart. Die beiden sprachen beim deutsch-französischen Sicherheitsrat im Februar ein Machtwort und delegierten das Thema an die Verteidigungsministerien.
Macron sieht das Flugzeug als Schlüsselprojekt
FCAS soll von 2040 an die französischen Kampfflugzeuge des Typs Rafale ebenso ablösen wie die Eurofighter der Bundeswehr. Neben einem bemannten Tarnkappenjet, der für gegnerisches Radar nur schwer zu orten ist, sollen auch Drohnen und entsprechende Bodenstationen sowie moderne Sensoren und elektronische Kommunikationssysteme entwickelt werden, mit denen die Komponenten des Systems untereinander vernetzt werden.
Macron sieht in dem neuen Kampfflugzeug eines der Schlüsselprojekte der von ihm maßgeblich vorangetriebenen Idee einer strategischen Autonomie Europas. Sie soll den Kontinent unabhängiger von den USA und der dortigen Rüstungsindustrie machen und in die Lage versetzen, eine eigenständige Außen- und Sicherheitspolitik zu betreiben und mehr Verantwortung für die Sicherheit in Europa und angrenzenden Regionen zu übernehmen.
Wie bei anderen europäischen Rüstungsprojekten zuvor spielen aber auch massive industriepolitische Interessen eine Rolle. Bundestagsabgeordnete drohten, die Finanzierung zu blockieren, sollten die Forderungen deutscher Unternehmen nicht angemessen berücksichtigt werden. Der Einstieg Spaniens als gleichberechtigtes drittes Partnerland hatte in dieser Hinsicht neue Schwierigkeiten aufgeworfen, weil dort, wie in Deutschland, der Airbus-Konzern Aufgabenpakete übernehmen soll, was den Anteil der konkurrierenden französischen Firmen schmälert.