Liveblog zur Energiekrise:PCK-Chef sieht "Restrisiko" für brandenburgische Raffinerie

Russisches Öl aus der Druschba-Pipeline, das war bisher das Geschäftsmodell des Standortes Schwedt. Von kommenden Jahr an gibt es alternative Lieferwege - doch die sichern bisher erst 50 Prozent der Kapazität. Der Gasversorger Uniper meldet einen Rekordverlust.

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Katja Guttmann
Katja Guttmann

Einsparungen beim Gas-Verbrauch stimmen Speicherbetreiber für nächsten Winter optimistisch 

Die Gasspeicher für die nächste Kälteperiode wieder komplett aufzufüllen sei selbst dann möglich, wenn russische Pipeline-Lieferungen nach Europa komplett ausfielen und der Import von Flüssigerdgas (LNG) zurückgehe, teilt der Speicherverband (Ines) mit. Diesen Winter sei ohnehin keine Knappheit mehr zu erwarten: 
Selbst bei extrem niedrigen Temperaturen und dem Eintreten von Risikofaktoren tritt in Deutschland kein Gasmangel auf.
Speicherverband Initiative Energien Speichern e.V. (Ines)
Der Verband mahnte allerdings eine Reform des Gasspeicher-Gesetzes an, um die Speicher über den Sommer möglichst kostengünstig wieder aufzufüllen. Im vergangenen Jahr hatte Deutschland über den sogenannten Marktgebietsverantwortlichen Gas unmittelbar und lange zu fast jedem Preis gekauft, um einen Gasmangel zu verhindern. Der Verband Ines mahnt an, dies wieder verstärkt marktwirtschaftlich über Ausschreibungen von Mengen zu tun.

Derzeit sind die deutschen Speicher noch zu über 90 Prozent gefüllt. Gesetzliche Vorgabe ist, dass sie Anfang Februar zu mindestens 40 mindestens Prozent voll sein müssen. Momentan erhöht sich der Füllstand wegen der milden Temperaturen an vielen Tag aber sogar noch. Zum 1. September 2023 müssen sie zu 75 Prozent voll sein. Auch das dürfte nach derzeitigem Stand unproblematisch sein, da über Frühling und Sommer deutlich weniger Gas verbraucht und so genug für Speicher zur Verfügung steht. 
Leonard Scharfenberg

Kasachstan: Russland genehmigt Öllieferungen nach Deutschland

Russland habe Kasachstan die Rechte für die Nutzung der Druschba-Pipeline zur Lieferung von Öl nach Deutschland zugesagt. Das sagt der kasachische Energieminister Bolat Aktschulakow. Es gebe eine mündliche Zusage, die Lieferung von 20 000 Tonnen kasachischem Öl über die Pipeline zuzulassen. Die Lieferung könne starten, sobald die Vereinbarung schriftlich festgesetzt sei, so Aktschulakow. Insgesamt könnten dieses Jahr somit bis zu 1,5 Millionen Tonnen fließen. 

Das Öl soll durch die Druschba-Pipeline in die Raffinerie im brandenburgischen Schwedt kommen. Am Dienstag hatte eine Sprecherin des Bundeswirtschaftsministeriums mitgeteilt, eine Lieferung kasachischen Öls sei noch im Januar geplant. Momentan laufe dazu noch eine Ausschreibung in Kasachstan. 

Die PCK-Raffinerie in Schwedt hatte zuvor Alternativen für die seit Anfang des Jahres weggefallenen Mengen russischen Öls gesucht. Etwa die Hälfte soll über den Hafen in Rostock kommen, der Rest unter anderem über den polnischen Hafen Danzig. Die Anlage ist so aber momentan nur zu 50 Prozent ausgelastet. Das könnte sich bald mit den kasachischen Lieferungen ändern. Die Raffinerie ist wichtig für die Versorgung Ostdeutschlands.
Leonard Scharfenberg

Irak bietet Deutschland Gaslieferungen an

Vor einem Treffen mit Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) am Freitag kündigte der irakische Ministerpräsident Mohammed Schia al-Sudani an, sein Land könnte die Bundesrepublik mit Erdgaslieferungen unterstützen. "Der Irak ist in der Lage, den Bedarf Deutschlands und des Weltmarkts zu decken", sagt er der Bild. Al-Sudani verweist auf Pläne der irakischen Regierung, die Förderkapazitäten von Erdgas und Öl in naher Zeit deutlich hochzufahren.

In den Gesprächen der beiden Staatschefs am Freitag in Berlin könnte es neben künftigen Gasinvestitionen auch darum gehen, wie deutsche Firmen im irakischen Stromnetz aktiv werden könnten. 
Leonard Scharfenberg

Grüner Staatssekretär: Kohleausstieg in Ostdeutschland ist bis 2030 machbar

Der Grünen-Politiker Michael Kellner spricht sich für einen vorgezogenen Ausstieg aus der Kohleförderung in den ostdeutschen Revieren aus. "Was NRW kann, kann Ostdeutschland schon lange, nämlich einen Kohleausstieg 2030", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Kellner ist parlamentarischer Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium und Beauftragter der Bundesregierung für Mittelstand. 

Bislang planen Sachsen, Sachsen-Anhalt und Brandenburg eine Stilllegung der Braunkohletagebaue bis spätestens 2038. Kellner argumentiert, Ostdeutschland brauche den Ausstieg aus der Kohle, "um in die zukunftsfähigen Industrien auf der Grundlage von grünem Wasserstoff einzusteigen". Die Menschen in den Abbaugebieten hätten dann "die Chance, ihre eigene Zukunft aufzubauen".

Auch die Vorsitzende der Brandenburger Grünen, Julia Schmidt, sagte dem RND, sie sei überzeugt, dass der Kohleausstieg allein schon deshalb früher als 2038 kommen wird, weil sich Kohleverstromung wirtschaftlich immer weniger lohnen würde. Sie forderte die Lausitz Energie Bergbau AG (Leag) auf, mit dem Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz über einen früheren Kohleausstieg zu verhandeln.
Laurenz Gehrke

Klingbeil über Atomkraft-Debatte: "Der Kanzler hat ein Machtwort gesprochen"

SPD-Chef Lars Klingbeil hat die FDP vor einer neuen Debatte um Laufzeitverlängerungen der Atomkraftwerke gewarnt. „Der Kanzler hat ein Machtwort gesprochen. Der Kanzler hat entschieden. Diese Entscheidung haben alle akzeptiert. Es gibt keinen Grund, die Debatte erneut zu führen“, sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND). Die politische Energie müsse darauf liegen, dass man den Ausbau der erneuerbaren Energien vorantreibe.

Die rot-grün-gelbe Bundesregierung hatte nach einem Machtwort von Kanzler Olaf Scholz (SPD) beschlossen, dass die drei verbliebenen Atomkraftwerke über das Jahresende hinaus bis zum 15. April weiterlaufen sollen. Danach soll mit der Nutzung der Atomkraft Schluss sein in Deutschland. FDP-Generalsekretär Bijan Djir-Sarai hatte zuletzt längere AKW-Laufzeiten gefordert. Es gehe am Ende des Tages darum, in Deutschland die Versorgungssicherheit zu gewährleisten und dass man Energie zu bezahlbaren Preisen habe. Der grüne Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck hatte auch eine erneute Prüfung längerer AKW-Laufzeiten durch Experten, wie sie etwa FDP-Verkehrsminister Volker Wissing vorgeschlagen hatte, abgelehnt. 
Oliver Klasen
Oliver Klasen

Habeck schließt Expertenkommission zu AKW-Laufzeiten aus 

Es war ein vergifteter Vorschlag eines Kabinettskollegen: Eine unabhängige Expertenkommission, die darüber beraten soll, um die drei in Deutschland verbliebenen Atomkraftwerke doch noch länger als bis zum 15. April dieses Jahres in Betrieb bleiben sollen. Das hat Verkehrsminister Volker Wissing (FDP) vorgeschlagen und versucht, Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) unter Druck zu setzen. Die Meiler am Netz zu lassen, sei aus Klimaschutzgründen geboten, so der FDP-Mann. Damit könne auch die Umweltbilanz von E-Autos verbessert werden.

Eigentlich ist der Streit längst entscheiden, mit einem Machtwort von Bundeskanzler Olaf Scholz im Herbst. Der hatte gegen die Grünen durchgesetzt, dass nicht zwei, sondern drei AKWs bis April am Netz bleiben. Und die FDP musste akzeptieren, dass die Laufzeiten der Meiler nur bis zu Ende dieses Winters, aber nicht darüber hinaus verlängert werden. Doch das AKW-Thema kocht immer wieder hoch, weil die FDP eine Möglichkeit sieht, sich zu profilieren und genau weiß, dass das Thema für die Grünen unangenehm ist. 

Habeck hat Wissings Vorschlag in einem Interview in der ARD am Sonntagabend erwartungsgemäß abgelehnt. "Nein", antwortete der Wirtschaftsminister auf die Frage, ob er die Expertenkommission einsetzen werde. Habeck schlug stattdessen eine Kommission vor, um den Streit über die Planungsbeschleunigung von Verkehrsprojekten beizulegen. "Das wäre wirklich mal ein Themenfeld, wo es bisher ja offensichtlich keine gesellschaftliche Einigung, wie wir vorgehen wollen, wo man dann mal den Knoten durchschlagen könnte." Habeck verwies darauf, dass im Verkehrssektor ein Konzept fehle, um die gesetzlichen Klimaziele in dem Bereich zu erreichen.

Wissing streitet sich mit Habecks Parteifreundin und Umweltministerin Steffi Lemke über ein Gesetz zum schnelleren Bau von Brücken, Straßen sowie Wasser- und Schienenwegen. Während Wissing praktisch sämtliche wichtige Verkehrsprojekte als von "überragendem öffentlichen Interesse" einstufen lassen will, will Lemke klimafreundlichen Projekten Vorrang einräumen. 
Hans von der Hagen
Hans von der Hagen

"Ich rechne nicht damit, dass diesen Winter noch etwas schiefgeht"

Die Bundesnetzagentur erwartet bei den Erdgasspeichern in Deutschland in diesem Frühjahr einen relativ hohen Füllstand. "Ich gehe inzwischen davon aus, dass die Speicher am Ende des Winters zu mehr als 50 Prozent gefüllt sein werden. Wir konzentrieren uns jetzt auf den nächsten Winter“, sagte der Präsident der Behörde, Klaus Müller, der Bild am Sonntag. "Bei aller Restunsicherheit: Ich rechne nicht damit, dass diesen Winter noch etwas schiefgeht", fügte Müller hinzu.

Die Bundesnetzagentur hatte bereits in ihrem am Donnerstag vorgelegten Lagebericht zur Gasversorgung festgestellt, dass eine Gasmangellage in diesem Winter "zunehmend unwahrscheinlich“ werde. Die Situation sei die Lage sei "weniger angespannt als zu Beginn des Winters“.

Müller sagte der Zeitung: "Die Gasspeicher sind zu mehr als 90 Prozent gefüllt - ein bemerkenswerter Wert, so hoch waren sie in einem Januar nur selten." Nach den Angaben der Bundesnetzagentur wurde in Deutschland 2022 insgesamt 14 Prozent weniger Gas verbraucht als 2021.

Bei den zuletzt stark gefallenen Gaspreisen rechnet Müller mit einem Ende der Schwankungen. "Gas kostet aktuell wieder so viel wie im Dezember 2021. Hauptsächlich, weil Europa seine Gasspeicher erfolgreich aufgefüllt und damit möglichen Spekulationen die Grundlage entzogen hat“, sagte Müller. "Viel spricht dafür, dass wir ein Preisplateau erreicht haben, mit dem wir die nächsten ein bis zwei Jahre rechnen können.“
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Wegen extrem hoher LNG-Preise: Kreuzfahrtschiffe fahren wieder mit Diesel

Wegen gestiegener Preise für Flüssigerdgas (LNG) fahren die beiden Kreuzfahrtschiffe Aidanova und Aidacosma derzeit nicht mit dem als umweltfreundlicher geltenden Treibstoff. Stattdessen würden sie seit ein paar Wochen mit Marinegasöl (MGO) - einem Dieseltreibstoff - betrieben, sagte Aida-Sprecher Hansjörg Kunze. Aida werde aber wieder zum  LNG-Betrieb zurückkehren, wenn das möglich sein werde.

"Die Preissteigerungen waren erheblich, um nicht zu sagen, explosionsartig“, sagte Kunze. LNG habe sich auf das Drei- bis Fünffache verteuert. Die Schiffsmotoren beider Schiffe seien für den Dual-Fuel-Betrieb gebaut und könnten sowohl MGO als auch LNG nutzen. LNG senke nicht nur die lokalen Emissionen, sondern sei auch die Brückentechnologie in die Zukunft hin zum möglichen Betrieb mit emissionsfreien Gasen. Die 2018 in Dienst gestellte Aidanova sei das weltweit erste Kreuzfahrtschiff gewesen, das komplett mit LNG betrieben werden konnte. Derzeit sei sie um die Kanarischen Inseln unterwegs. Die Aidacosma befinde sich im Arabischen Golf.

Auch das Fährunternehmen Fjord Line hatte mitgeteilt, seine beiden LNG-Schiffe, die MS Stavangerfjord und MS Bergensfjord von reinen LNG-Motoren auf Dual-Fuel-Motoren umzustellen. Leider führten steigende Treibstoffkosten für LNG zu einer Gewinnsituation, die nicht nachhaltig sei. "Die Energiekrise, ausgelöst durch die Invasion Russlands in die Ukraine, hat zu außerordentlich hohen und stark schwankenden LNG-Preisen geführt“, hieß es in der Mitteilung. Es sei traurig, einen Umbau vornehmen zu müssen, um auch mit MGO fahren zu können. Betroffen sind Routen zwischen Dänemark und Norwegen.

Die "Aidanova" fuhr bisher mit als umweltfreundlich geltenden Flüssigerdgas LNG.
Die "Aidanova" fuhr bisher mit als umweltfreundlich geltenden Flüssigerdgas LNG. dpa
Oliver Klasen
Oliver Klasen

Habeck schließt Energie-Partnerschaft mit Norwegen 

Nach dem praktisch völligen Stopp russischer Erdgas-Lieferungen ist Norwegen zu Deutschlands wichtigstem Versorger aufgestiegen. Mehr als ein Drittel des deutschen Erdgasbedarfs kommen von dort. Nun wollen die beiden Länder in Energiefragen noch enger zusammenarbeiten. Vizekanzler und Wirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) sowie Norwegens Ministerpräsident Jonas Gahr Støre haben dazu eine Vereinbarung unterzeichnet. Ein Kernpunkt soll der Bau einer Wasserstoff-Pipeline zwischen den Ländern bis 2030 sein. Über diesen will das norwegische Unternehmen Equinor zunächst mit Erdgas und später mit erneuerbarer Energie erzeugten Wasserstoff nach Deutschland liefern, wo ihn der deutsche RWE-Konzern abnehmen will. 

"Wir wissen, dass Wasserstoff besonders wichtig für die grüne Transformation und für Deutschland ist", sagte Støre. Habeck betonte, der Brennstoff sei auch für neue Kraftwerke sehr wichtig. "Wir wollen Gaskraftwerke bauen, die mit Wasserstoff betrieben werden. Dieser Wasserstoff kann und sollte von Norwegen bereitgestellt werden."

Zusammenarbeiten wollen die beiden Länder auch bei der unterirdischen Speicherung von Kohlendioxid. Diese sogenannte CCS-Technik (Carbon Capture and Storage) ist in Deutschland verboten. Habeck will hier aber Änderungen, um die CO₂-Abscheidung für die Stahl- oder Zementindustrie möglich zu machen. Man habe mit Blick auf die Klimaziele keine Zeit mehr für die Suche nach anderen Alternativen. Für Norwegen ist die Speicherung von CO₂ aus anderen Staaten ein künftiges Geschäftsmodell.

 Lieber das CO₂ in die Erde als in die Atmosphäre
Wirtschaftsminister Habeck zum unterirdischen Speichern von Kohlendioxid
Nadja Lissok
Nadja Lissok

Weniger Strom verbraucht, mehr mit Kohlekraftwerken produziert

Um vier Prozent ist der Stromverbrauch im vergangenen Jahr im Vergleich zu 2021 gesunken, teilt die Bundesnetzagentur mit. Er lag insgesamt bei 484,2 Terrawattstunden (TWh). Gleichzeitig ist die Stromerzeugung leicht gewachsen: um 0,4 Prozent auf 506,8 TWh. Deutschland hat 2022 wieder mehr Strom ex- als importiert: insgesamt 26,28 TWh gingen ins Ausland.

Etwa die Hälfte des hierzulande erzeugten Stroms kam aus erneuerbaren Energien. Die Gewinnung durch Braunkohle hat um 5,4 Prozent zugelegt. Bei Steinkohle gab es sogar ein Plus von 21,4 Prozent. "Der Gesetzgeber hat die Rückkehr von Kohlekraftwerken an den Strommarkt möglich gemacht, damit wieder weniger Strom durch Gaskraftwerke erzeugt wird", so die Agentur. Außerdem bilanziert die Agentur, dass sich der durchschnittliche Großhandelspreis mehr als verdoppelt hat: Er lag 2022 bei 235,45 Euro im Vergleich zu 96,85 Euro im Vorjahr. Schuld ist der russische Angriffskrieg in der Ukraine.

Lesen Sie hier, wie Preisbremsen die Stromkunden in den nächsten Monaten entlasten sollen (SZ Plus):
Leonard Scharfenberg

Studie: Kohle und Öl ruinieren die deutsche Klimabilanz für 2022

Deutschland hat im vergangenen Jahr offenbar ein entscheidendes Klimaziel verfehlt: Der Ausstoß von Kohlendioxid ist nicht zurückgegangen - und das trotz eines geringeren Energieverbrauchs. So teilt es die Denkfabrik Agora Energiewende in ihrer Auswertung des Energiejahres 2022 mit. Der verstärkte Einsatz von Kohle und Öl habe die angestrebten Emissionsminderungen zunichte gemacht. Der Direktor der Denkfabrik, Simon Müller, wertet die Zahlen als "Alarmsignal". 

Im vergangenen Jahr seien in Deutschland rund 761 Millionen Tonnen CO₂ ausgestoßen worden. Das entspricht einer Verringerung der Emissionen von etwa 39 Prozent seit dem Referenzjahr 1990. Damit habe die Emissionsminderung knapp unter dem 2020 erreichten Ziel von 40 Prozent gelegen. In Anbetracht eines deutlich niedrigeren Energieverbrauchs wegen gestiegener Preise und mildem Wetter hätte der Unterschied aus Klimaschutzsicht größer ausfallen müssen.

Besonders der Verkehrs- und Bausektor habe seine gesetzlichen Emissionsziele verfehlt. Die Energiewirtschaft habe ihres zwar knapp erreicht - es fehlten bislang aber strukturelle Maßnahmen um das Klimaziel von 2030 zu erreichen, so die Denkfabrik. Bis dahin will die Bundesregierung den bundesweiten Ausstoß im Vergleich zum Jahr 1990 um mindestens 65 Prozent reduzieren.
Die Regierung muss jetzt entschieden und schnell nachbessern, denn wir brauchen ab 2023 eine Verdreifachung beim Zubau, um das 2030-Erneuerbaren-Ziel zu erreichen.
Sebastian Müller, Direktor von Agora Energiewende Deutschland
Solar und Windkraft müssten massiv ausgebaut werden. Schließlich bot das Jahr 2022 besondere Bedingungen: Der Energieverbrauch ist um fast fünf Prozent zurückgegangen, berichtet Agora Energiewende. Der gesamte Verbrauch sei damit sogar unter das Niveau während der Pandemie gerutscht und auf dem tiefsten Stand seit der Wiedervereinigung.

Dass der Anteil erneuerbarer Energien gleichzeitig mit 46 Prozent einen neuen Höchstwert erreicht hat, sieht Müller nicht als Grund für Optimismus: Das Rekordjahr sei wetterbedingt und "kein struktureller Beitrag für den Klimaschutz". Er appelliert, die Bundesregierung müsse in diesem Jahr endlich die Trendwende hin zu erneuerbaren Energien schaffen, sowohl um Klimaziele als auch Energiesicherheit zu erreichen.

Lesen Sie im SZ-Klimamonitor die wichtigsten Daten, Hintergründe und Neuigkeiten zur Klimakrise:
Leonard Scharfenberg

Deutschland will große Mengen Wasserstoff aus Norwegen importieren

Bis zum Jahr 2030 wollen die Regierungen von Deutschland und Norwegen die Voraussetzungen für Wasserstoffimporte schaffen. Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck wird das skandinavische Land am Donnerstag und Freitag besuchen und eine gemeinsame Erklärung unterzeichnen.

Auf dem Energieträger Wasserstoff ruhen große Hoffnungen für einen klimafreundlichen Umbau der Industrie. Norwegen und Deutschland wollen dafür in den kommenden Jahren die notwendige Infrastruktur bauen. Es laufen derzeit Gespräche über den Bau einer Wasserstoff-Pipeline zwischen beiden Ländern. Dem Bundeswirtschaftsministerium werde bis zum Frühjahr eine Machbarkeitsstudie zu dem Projekt vorliegen, heißt es. 

Mittelfristig wolle Deutschland sogenannten grünen Wasserstoff importieren, also Wasserstoff bei dessen Herstellung nur erneuerbare Energien zum Einsatz kommen. Weniger klimafreundlich gewonnener Wasserstoff soll nur für eine "kurze Übergangszeit" eingeführt werden, erklärt das Ministerium. Norwegen habe das Potenzial zur Erzeugung von bis zu 50 Terawattstunden grünen Wasserstoffs bis 2030. Zehn Jahre später könnte sich diese Menge noch einmal verdreifachen, so das Bundeswirtschaftsministerium unter Berufung auf den European Hydrogen Backbone, ein Netzwerk von Infrastrukturbetreibern. In Norwegen selbst werde aber nur ein geringer Eigenverbrauch des Energieträgers erwartet.
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Umweltschützer protestieren gegen LNG: Tiefschlag für Klimaschutz

Umweltschützer wollen gegen die Ankunft des Tankers mit Flüssigerdgas (LNG) in Wilhelmshaven protestieren. Größter Kritikpunkt: Das aus den USA stammende Gas wurde mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen. Das sei "kein Grund zur Freude, sondern ein historischer Tiefschlag für Klima- und Naturschutz“, sagte Sascha Müller-Kraenner, Bundesgeschäftsführer der Deutschen Umwelthilfe in Berlin 

Müller-Kraenner forderte, vor weiteren Importen zunächst substanzielle Fragen nach Umweltbelastungen und Herkunft des Gases zu klären. Neben hohen klimaschädlichen Methan-Emissionen verbrauche die Fracking-Technik mehrere Millionen Liter Wasser pro Bohrung und könne Erdbeben auslösen. "Das sogenannte unkonventionelle Fracking ist deshalb hierzulande zu Recht verboten“, betonte der Bundesgeschäftsführer. Mit dem Import des Gases werde in Kauf genommen, "dass Menschen in den USA Folgen wie Erdbeben, kontaminiertes Grundwasser und erhöhte Krebserkrankungsraten zu tragen haben“.

Die direkten LNG-Importe seien zudem begonnen worden, obwohl weiter unklar sei, wie viel Gas überhaupt gebraucht werde, um die Lieferungen aus Russland zu ersetzen, kritisierte Müller-Kraenner. Statt massive LNG-Überkapazitäten zu schaffen und langfristige Lieferverträge mit zweifelhaften Quellen zu schließen, müsse Deutschland den Ausbau der erneuerbaren Energien forcieren und noch stärker Energie einsparen. 
Kritik an LNG in Wilhelmshaven: Das Flüssigerdgas wird in den USA mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen (Symbolbild).
Kritik an LNG in Wilhelmshaven: Das Flüssigerdgas wird in den USA mit der umstrittenen Fracking-Methode gewonnen (Symbolbild). dpa
Katja Guttmann
Katja Guttmann

Erster Tanker mit Flüssigerdgas läuft in Wilhelmshaven ein

Mit Polizeischutz wurde der Tanker Maria Energy auf den letzten Metern von Polizeischiffen zum Terminal in Wilhelmshaven eskortiert. Erstmals seit der Eröffnung ist laut Betreiber Uniper am Dienstagmorgen ein Tanker mit Flüssigerdgas (LNG) dort angekommen.

Nach nur knapp zehn Monaten Planungs- und Bauzeit war das erste deutsche LNG-Terminal Mitte Dezember eröffnet worden. Wenige Tage später wurde der Testbetrieb aufgenommen. Das schwimmende Terminal vor der niedersächsischen Nordseeküste soll dazu beitragen, die durch ausbleibende Lieferungen aus Russland entstandene Lücke bei der Gasversorgung Deutschlands zu schließen.

Herzstück des Terminals ist das fast 300 Meter lange Spezialschiff Höegh Esperanza, das das von Tankschiffen angelieferte verflüssigte Erdgas in den gasförmigen Zustand umwandeln und in das deutsche Gasnetz einspeisen soll. Bei seiner Ankunft im Dezember hatte auch das Spezialschiff bereits eine Ladung LNG an Bord und in das deutsche Netz eingespeist. Bei dem Schiff, das am Dienstag in Wilhelmshaven angekommen ist, handelt es sich laut Uniper um das erste dieser Tankschiffe.
Das schwimmende Terminal "Höegh Esperanza" in Wilhelmshaven ist erstmals mit LNG beliefert worden.
Das schwimmende Terminal "Höegh Esperanza" in Wilhelmshaven ist erstmals mit LNG beliefert worden. Reuters
Juri Auel
Juri Auel

Indien erhöht Übergewinnsteuer auf Rohöl, Benzin und Kerosin deutlich

Indien hat seine Übergewinn- und Exportsteuern auf Rohöl und Öl-Produkte zum Teil deutlich erhöht. Ab Dienstag würden 2100 Rupien (knapp 24 Euro) pro Tonne Rohöl statt wie bislang 1700 Rupien (etwa 19 Euro) fällig, heißt es in einer veröffentlichten Anweisung der Regierung.

Demnach wird auch die Exportsteuer für Diesel auf 7,5 Rupien pro Liter von fünf Rupien heraufgesetzt. Die Steuer auf Kerosin verdreifacht sich von 1,5 Rupien pro Liter auf 4,5 Rupien.

Indien ist der weltgrößte Öl-Verbraucher und -Importeur. Das Land kauft gegenwärtig russisches Öl zu Preisen ein, die deutlich unter der von westlichen Staaten ausgerufenen Preisgrenze von 60 Dollar pro Barrel liegen. Die Regierung hatte die Übergewinnsteuer und die Exportabgaben im Juli verhängt, nachdem Raffinerien sich wegen der höheren Gewinnmargen immer mehr ausländischen Märkten zugewandt hatten.

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