Es ist eine Vorlage, die sie alle gern annehmen. Frauke Petry und Jörg Meuthen, die beiden Vorsitzenden der Alternative für Deutschland, begegnen einander zwar mit Misstrauen, auch sonst zieht die Spitze der AfD selten an einem Strang. Aber den Erfolg von Donald Trump in den USA haben sie alle in Statements gefeiert, Petry genauso wie Meuthen, die Vize-Chefin Beatrix von Storch oder der Rechtsausleger Björn Höcke aus Thüringen. Genussvoll weisen sie auf Parallelen hin: Die AfD kämpfe wie Trump gegen das politische Establishment, sein Erfolg sei ein Signal an die deutschen Wähler, so formuliert es Petry, "nicht resigniert zu Hause zu bleiben".
Gern nutzen sie den Erfolg Trumps für Attacken auf die Bundesregierung. So greift der Vize-Parteichef Alexander Gauland Bundesaußenminister Frank-Walter Steinmeier an, nennt dessen Reaktion auf Trump "enttäuschend und unprofessionell", spricht von "hysterischen Reaktionen" der deutschen Regierungspolitiker. Aber ist Trumps Erfolg auch Vorbild für die AfD? Fordert Petry nun die Kanzlerin heraus und könnte sie Erfolg haben?
Höchstens der radikale Flügel wird Trump als Vorbild nehmen
In der AfD ist wahrgenommen worden, dass am Abend nach der US-Wahl in deutschen Talkshows über diese Möglichkeit spekuliert wurde. Die Partei genießt es, als so wichtig oder gefährlich angesehen zu werden. Gerade ist es um sie ruhiger geworden, bei anhaltend guten Umfragewerten. "Natürlich gibt das einen Motivationsschub", sagt Parteichef Meuthen über Trumps Erfolg. Dessen Sieg zeige, "dass man gegen das Medien- und Politik-Establishment erfolgreich sein kann".
Bisher hat man sich im Vorstand nicht mit der Frage befasst, ob sich Trumps Erfolg kopieren lässt. Das liegt schon daran, dass die disparate Parteispitze nicht gemeinsam über Strategien nachdenkt. Noch ist nicht geklärt, ob Frauke Petry als Spitzenkandidatin der AfD antreten wird, ja ob es überhaupt eine Galionsfigur geben soll oder eher ein Team. Meuthen, auch Höcke und Gauland haben Bedenken gegen Petry. Meuthen will nicht in den Bundestag, Höcke und Gauland wohl schon.
US-Wahl:Trumps Nationalismus löst keine Probleme, er schafft neue
Bisher galt es als gegeben, dass Globalisierung Wohlstand bringt. Nicht aber in der Welt von Donald Trump. Für ihn zählt: America First. Oder gleich: Wir gegen die anderen.
Einen Kampf um die Spitzenkandidatur will man vermeiden, ohnehin könnten die Kontrahenten ihre Kandidatur in ihren Landesverbänden absichern. Alles ist so offen wie die Strategie für den Wahlkampf 2017, erst recht die Frage, ob man mitregieren will, was etwa Gauland kategorisch ablehnt. Im Wahlkampf wird höchstens der radikale Flügel Trumps Stil als Vorbild nehmen wollen, was die Deftigkeit angeht.
Zwar weiß man in der AfD, dass die Partei von Regelverletzungen profitiert, Anhänger sie als Ausbruch aus der politischen Korrektheit goutieren. Die AfD hat - wie Trump in den USA - erlebt, dass kritische Medienberichte wenig schaden, eher nutzen. Dennoch betonen AfD-Politiker, dass "bei allen Parallelen die Unterschiede zwischen den Ländern schon sehr groß sind", so Gauland: Es sei "höchst problematisch, das so einfach zu übertragen". Die Probleme in Amerika seien andere, auch die politische Kultur.
Gauland: Berichterstattung hat Partei geschadet
In Deutschland müsse die AfD darauf achten, nicht durch zu drastische Töne Wähler in der Mitte abzustoßen. Aber stimmt das?
Gauland selbst geriet im Frühjahr nach Aussagen über den Fußballprofi Jérôme Boateng massiv in die Kritik, ähnlich wie vorher Petry, als sie sich für Schusswaffengebrauch an der Grenze aussprach. Dennoch feierte die AfD danach einige ihrer größten Erfolge, als könne ihr keine Entgleisung schaden, wie Trump. Doch das sieht man in der AfD anders.
Die Berichterstattung habe der Partei geschadet, sagt selbst Gauland, es habe sich auch nicht um gezielte Provokationen gehandelt. Beide AfD-Politiker klagten damals, sie seien falsch zitiert worden, sie gerieten intern in die Kritik. Der gemäßigte Flügel der AfD möchte vom Image einer Partei der brutalen Provokation wegkommen, will in den Landtagen als hart, aber sachlich kritisch wahrgenommen werden. "Dieser US-Wahlkampf kann kein Vorbild sein", sagt Parteichef Meuthen. "Er war von persönlicher Verunglimpfung geprägt. Das war schmutzig in einer Form, die keiner will." Die AfD attackiere gewiss aggressiver als andere, das sei auch in Ordnung. Er sei selbst ein Freund großer Heftigkeit, aber eben nur "wenn es um die Sache geht". Den Trump-Erfolg nennt er "eine Momentaufnahme", bis zur nächsten Wahl sei es noch lange hin.
Ein Vorstandskollege von Meuthen weist darauf hin, dass es mit der Trump-Euphorie in der AfD schnell vorbei sein könnte - aus politischen Gründen: In der Partei gibt es einen latenten Antiamerikanismus, der schnell erwachen könnte, wenn der neue Präsident einen Kurs einschlägt, der den deutschen Rechtspopulisten nicht gefällt.