Deutschland:Durchbruch im Klimastreit

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Bund und Länder haben sich auf einen höheren CO₂-Preis geeinigt. Tanken und Heizen werden deutlich teurer. Im Gegenzug soll der Strompreis sinken.

Von Markus Balser, Michael Bauchmüller und Nico Fried, Berlin

Bund und Länder wollen den Klimaschutz in Deutschland verschärfen und planen im Gegenzug milliardenschwere Entlastungen für die Bürger. Das sind Kernpunkte eines Kompromisses im Streit um das Klimapaket der Bundesregierung. Der CO₂-Preis im Verkehr und bei Gebäuden soll demnach bis 2025 viel stärker steigen als geplant. Für 2021 ist ein Einstiegspreis von 25 Euro pro Tonne vorgesehen. Bisher waren es 10 Euro. Der Preis steigt bis 2025 auf 55 Euro. Tanken und Heizen werden so deutlich teurer. Ein Liter Benzin kostet ab 2021 etwa 7,5 Cent mehr als heute, 2025 werden es rund 15 Cent sein. Der steigende CO₂-Preis soll fossile Heiz- und Kraftstoffe verteuern, damit Bürger und Industrie klimafreundliche Technologien kaufen und entwickeln. Die Mehreinnahmen von drei bis sechs Milliarden Euro jährlich sollen größtenteils zurück an die Bürger fließen.

Schon von 1. Januar 2020 an soll etwa Bahnfahren im Fernverkehr um rund zehn Prozent günstiger werden, weil der Mehrwertsteuersatz von 19 auf sieben Prozent sinkt. Auch Pendler, die lange Distanzen fahren, erhalten einen höheren Ausgleich. Von 2024 an steigt die Pendlerpauschale von fünf auf acht Cent je Kilometer - ab dem 21. Entfernungskilometer und nur für drei Jahre. Das gilt auch für die Mobilitätsprämie, die einkommensschwache Pendler zum Ausgleich für höhere Benzinpreise bekommen. Zudem soll der Strompreis durch eine niedrigere EEG-Umlage - mit der der Ausbau von erneuerbaren Energien mitfinanziert wird - sinken, die alle Stromkunden pro Kilowattstunde zahlen. Wie stark der Strompreis wirklich sinkt, ist offen, weil Stromkonzerne die Preise erhöhen und die Entlastung zunichte machen könnten. Die Länder stimmten dem Kompromiss auch zu, weil sie für Einnahmeausfälle 1,5 Milliarden Euro als Ausgleich erhalten. Einigen sich Bund und Länder über letzte Streitfragen zur Windenergie, Gebäudesanierung oder der Mehrwertsteuersenkung für Busfahrten, passiert das Klimapaket am Freitag den Bundesrat.

Der Kompromiss entschärft auch den Streit in der Koalition. Die neue SPD-Spitze zeigte sich zufrieden. Parteichef Norbert Walter-Borjans, sagte, die Erhöhung des CO₂-Preises sei "ein Signal". Durch die Absenkung der EEG-Umlage werde ein sozialer Ausgleich geschaffen. Finanzminister Olaf Scholz gehe davon aus, dass der Strompreis 2021 um rund 60 Euro, 2025 sogar um 100 Euro falle. Walter-Borjans und die Co-Vorsitzende Saskia Esken wollten sich nicht eindeutig darauf festlegen, dass mit dem neuen Klimapaket eine erste Forderung der SPD für die Fortsetzung der großen Koalition erfüllt sei. Gleichwohl erweckten sie diesen Eindruck.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt sprach von einem "soliden Kompromiss", der zeige, "dass die Politik beim Klimaschutz handlungsfähig ist", sagte er der SZ. "Wir haben nun ein kleines Lenkungssignal, wo der CO₂-Preis bisher ins Leere lief", sagte Grünen-Chefin Annalena Baerbock. Der Klimaforscher Ottmar Edenhofer sprach von einem "mutigen Schritt", der die Emissionen verringern könne. Der DGB forderte dagegen einen stärkeren sozialen Ausgleich.

© SZ vom 17.12.2019 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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