Wirtschaft:Inflation soll wieder zurückgehen

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Ein Bauarbeiter auf einer Baustelle. (Foto: dpa)

Deutschlands Konjunkturforscher rechnen nächstes Jahr mit einer geringeren Preissteigerung. Die Wirtschaft erhole sich, doch die neue Bundesregierung müsse dringend Reformen anpacken.

Von Alexander Hagelüken

Noch bremsen Lieferprobleme den Aufschwung nach der Corona-Krise, im kommenden Jahr aber soll es wirtschaftlich stark aufwärts gehen. Wie der Internationale Währungsfonds rechnen auch die führenden Konjunkturinstitute in Deutschland in diesem Jahr mit einem geringeren Wachstum der heimischen Wirtschaft als bisher gedacht. In ihrer Herbstprognose gehen die Forschungsinstitute nur noch von einem Wachstum um 2,4 Prozent in diesem Jahr aus. Im Frühjahr hatten sie noch 3,7 Prozent vorhergesagt. Dafür erwarten die Wirtschaftswissenschaftler für 2022 einen stärkeren Aufschwung als bisher. Bei der Inflation geben sie Entwarnung: Die Preissteigerung falle in den kommenden Jahren wieder niedriger aus.

Insgesamt erholt sich die deutsche Wirtschaft klar von der Corona-Krise. So stellen die Unternehmen wieder kräftig Personal ein, halten die fünf Wirtschaftsinstitute fest. Allerdings leiden viele Unternehmen darunter, dass auch als Folge des weltweiten Aufschwungs nach Corona Mikrochips und andere Vorprodukte fehlen. Die Industrie produziert weniger als zu Jahresbeginn. Deshalb senken die Forscher ihre Konjunkturprognose. "Wir waren im Frühjahr zu optimistisch, was die Lieferkettenprobleme angeht", räumte Oliver Holtemöller vom Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) ein.

Wirtschaft, Vorsicht: ja, Panik: nein! (Video: Süddeutsche Zeitung)

Im Winter werde auch die Pandemie wieder das Wachstum reduzieren. Restaurants und andere Dienstleister können wahrscheinlich nicht so viele Kunden empfangen wie in normalen Zeiten. Kommt es zu neuen Virusvarianten, würde das die Weltwirtschaft belasten, prognostizieren die Experten.

Erst von Frühjahr 2022 an werde die Pandemie die Konjunktur nicht mehr wesentlich beeinträchtigen. Die Forscher rechnen damit, dass sich auch die Lieferprobleme im Laufe des Jahres auflösen. Außerdem gehen sie davon aus, dass die Verbraucher dann deutlich mehr Geld ausgeben: einen Teil der Ersparnisse, die sie in der Corona-Krise notgedrungen anhäuften, als Geschäfte und Restaurants geschlossen waren. Kommendes Jahr soll die Wirtschaft um 4,8 Prozent wachsen - statt wie bisher vorhergesagt um knapp vier Prozent.

Für das ganze Jahr 2021 wird die Inflation auf drei Prozent geschätzt

Die Sorge vieler Bundesbürger, dass die Preise dauerhaft stark steigen, teilen die Ökonomen nicht. "Wir können für den akuten Inflationsdruck Entwarnung geben", sagt Stefan Kooths vom Kieler Institut für Weltwirtschaft. Im September lag die Preissteigerung vor allem wegen Energiekosten mit 4,1 Prozent zum Vorjahr so hoch wie seit dreißig Jahren nicht mehr. Für das ganze Jahr 2021 gehen die Institute aber nur von drei Prozent Inflation aus. Die Hälfte davon führt Timo Wollmershäuser vom Ifo-Institut darauf zurück, dass die Mehrwertsteuer dieses Jahr wieder auf ihr übliches Niveau angehoben wurde - und dass Energie in der Corona-Krise billiger wurde und jetzt entsprechend teurer.

"Bei vielen Waren und Dienstleistungen jenseits der Energie entwickeln sich die Preise schon wieder normal", so Wollmershäuser. Die Forscher sagen voraus, dass der Preisschub durch die Energie langsam ausläuft. Im kommenden Jahr rechnen sie mit einer Inflation von 2,5 Prozent. In den Jahren danach gehe die Preissteigerung wieder auf Raten von etwa zwei Prozent zurück.

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Trotz Lieferproblemen in der Industrie mussten im September 100 000 Bürger weniger einen Job suchen als im Monat zuvor. Eine neue Regierungskoalition muss strittige Fragen klären - etwa den Mindestlohn.

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Die Ökonomen warnen davor, in den Gaspreis einzugreifen - das löse das Problem nicht. Ein Preissteigerungsrisiko wären aus ihrer Sicht hohe Lohnabschlüsse von mehr als vier Prozent. Damit rechnen sie allerdings nicht. Die Inflationserwartungen der Verbraucher für die Zukunft hätten leicht zugenommen, aber eben nur leicht, so Oliver Holtemöller vom IWH. "Daher gibt es keine Signale, dass wir eine dauerhaft höhere Inflation bekommen."

Überalterung, Klimawandel, Digitalisierung: hat alles Einfluss auf die Konjunktur

Risiken für höhere Preise sehen die Forscher eher, wenn man einige Jahre in die Zukunft blickt. So werden den Firmen durch das Schrumpfen und Altern der Bevölkerung weniger Arbeitskräfte zur Verfügung stehen. Außerdem sind hohe Ausgaben nötig, um Deutschland wie geplant klimaneutral zu machen. Beides führt zu einem Kostendruck, der sich auf die Preise auswirken kann - je nachdem, wie sich Politik, Arbeitnehmer und Firmen verhalten.

Die Ökonomen rufen die neue Bundesregierung zu durchgreifenden Reformen auf. Der Klimaschutz müsse möglichst effizient erreicht werden, ohne blind in neue Technologien zu gehen. Bürger mit geringem Einkommen bräuchten einen Ausgleich für steigende Kosten. Außerdem müssten Staat und Unternehmen investieren, um das Land zu digitalisieren.

Auch auf das Altern der Bevölkerung solle die Regierung eingehen. "Unser jetziges Alterssystem ist nicht nachhaltig", sagt Oliver Holtemöller. "Die Regierung sollte nicht die Leistungen der Rentenversicherung weiter ausweiten, sondern das System auf eine stabile Basis stellen." Dazu sei am besten, mehrere Maßnahmen zu kombinieren: Ein niedrigeres Rentenniveau, ein späteres Rentenalter, höhere Sozialbeiträge und Steuerzuschüsse sowie mehr Kapitaldeckung.

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