Deutscher in US-Gewahrsam:Gefangen in Bagram

Außenminister Guido Westerwelle bemüht sich um Kontakt zu dem Deutsch-Afghanen, den die US-Armee in einem Militärgefängnis am Hindukusch gefangen hält. Abgeordnete verlangen die Aufklärung des Falles.

Daniel Brössler, Berlin

Im Fall des in Kabul von US-Streitkräften verhafteten Deutschen haben Bundestagsabgeordnete parteiübergreifend Aufklärung verlangt. Außenminister Guido Westerwelle sagte am Mittwoch im Auswärtigen Ausschuss, sein Ministerium bemühe sich um Zugang zu dem Mann. Weitere Auskünfte verweigerte er mit Hinweis darauf, dass es sich um einen sicherheitsrelevanten Vorgang handele.

Bagram Air Base

Haddid N. ist einer von mehreren hundert Gefangenen in dem Militärgefängnis, das sie bewachen: US-Soldat im Stüzpunkt Bagram in Afghanistan.

(Foto: Getty Images)

Wichtig sei in einem solchen Fall, dass "das Ergebnis zählt und nicht die öffentliche Intonierung", sagte Westerwelle. "Das ist auch in anderen Fällen meiner Amtszeit durchaus erfolgreich gewesen", sagte er. Damit spielte er auf den ebenfalls in US-Gewahrsam in Afghanistan einsitzenden Hamburger Islamisten Ahmad S. an, zu dem deutsche Diplomaten nach längeren Verhandlungen Zugang bekommen haben.

US-Soldaten hatten den 23-jährigen Haddid N. aus Frankfurt am Main am 8.Januar im Haus seines Vaters in Kabul festgenommen. Seitdem hat der Deutsch-Afghane keinen Kontakt zu seiner Familie. Diese vermutet, dass angeblich unzutreffende Informationen deutscher Sicherheitsbehörden an US-Stellen zur Festnahme des Studenten beigetragen haben. Das Bundeskriminalamt versichert, keine derartigen Informationen weitergegeben zu haben. Befasst mit dem Fall war allerdings vor allem das Polizeipräsidium in Frankfurt am Main.

Der Sachverhalt müsse aufgeklärt und womöglich das für Geheimdienstfragen zuständige Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestages informiert werden, sagte der außenpolitische Sprecher der SPD-Fraktion, Rolf Mützenich, der Süddeutschen Zeitung. "Mir ist wichtig, dass die Bundesregierung jetzt erst einmal versucht, Kontakt zu dem Mann zu finden", sagte er.

"Offensichtlich wurde nicht nur Haddid N. verschleppt, auch die Bundesregierung verschleppt die Aufklärung des Falles", kritisierte Christine Buchholz, die friedenspolitische Sprecherin der Linksfraktion. Bereits am 14. Januar habe sie Außenminister Westerwelle per Fax zu dem Fall befragt, aber keine Antwort bekommen. Sie werde die Angelegenheit in der kommenden Sitzungswoche im Bundestag zur Sprache bringen. Der Chef der Linksfraktion, Gregor Gysi, wandte sich in einem Brief an den US-Botschafter in Berlin, Philip Murphy. Ziel müsse eine rasche Freilassung sein, betonte der Abgeordnete Hans-Christian Ströbele von den Grünen. "Es spricht alles dafür, dass das ein Missverständnis ist", sagte er.

Unklar ist bislang, was dem Studenten vorgeworfen wird. Die Frankfurter Staatsanwaltschaft teilte mit, sie habe wegen möglicher Nähe zu Terrorzellen zwei Mal gegen den Mann ermittelt. Beide Verfahren seien aber mangels konkreter Anhaltspunkte eingestellt worden. So habe ein Verfahren gegen N. wegen volksverhetzender Predigten in einer Frankfurter Moschee keine konkreten Verdachtsmomente für eine Anklage ergeben. Das Innenministerium wollte zu dem konkreten Fall keine Angaben machen und verwies auf Justiz und Polizei.

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