Menschenrechte:Deutscher in Belarus zum Tode verurteilt

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Präsident Alexander Lukaschenko, hier 2020 bei einem Besuch einer Polizeieinheit, regiert Belarus autoritär. Menschenrechtler kritisieren die Zustände in der Justiz. (Foto: AP)

Terrorismus und „Söldnertum“ sollen die Vorwürfe sein, berichtet eine Menschenrechtsorganisation. Offenbar steht das Urteil in Verbindung mit einer Einheit aus Freiwilligen, die aufseiten der Ukraine gegen Russland kämpft.

Von Christoph Koopmann, Paul-Anton Krüger, München/Berlin

Ein Gericht in Belarus hat offenbar einen deutschen Staatsbürger zum Tode verurteilt. Das berichtete die belarussische Menschenrechtsorganisation Wjasna am Freitag. Demnach soll es sich bei dem Verurteilten um einen 29 Jahre alten Mann handeln, der in Berlin geboren wurde. Wjasna zufolge wurden ihm unter anderem Terrorismus, „Söldnertum“ und Agententätigkeit vorgeworfen. Was genau Gegenstand der Vorwürfe war und ob sie faktisch belegbar sind, ist bisher unklar.

Das Urteil soll bereits am 24. Juni gefallen sein. Aus dem Auswärtigen Amt heißt es, der Fall sei bekannt, man betreue den Betroffenen konsularisch und setze sich gegenüber den belarussischen Behörden intensiv für ihn ein. Die Todesstrafe sei eine grausame und unmenschliche Form der Bestrafung, die Deutschland ablehne.

Offenbar ist der Mann schon seit Herbst 2023 in Haft

Wie es dem Verurteilten geht und wo er inhaftiert ist, darüber gab es zunächst keine Informationen. Eine offizielle Mitteilung der belarussischen Justiz über das Urteil ist bisher ebenfalls nicht bekannt. Wie die Menschenrechtler von Wjasna berichten, soll der Deutsche seit dem 6. November 2023 von den belarussischen Behörden festgehalten werden.

Wjasna zufolge sollen die Vorwürfe in Verbindung stehen mit einer Einheit aus freiwilligen Belarussen und anderen Staatsbürgern, die aufseiten der Ukraine gegen Russland kämpft. Ob der Mann selbst dort aktiv war, ist bislang unbestätigt. Nach Informationen deutscher Sicherheitsbehörden sind seit dem russischen Überfall im Februar 2022 mehrere Hundert deutsche Staatsbürger in die Ukraine gereist, um für das angegriffene Land gegen Russland zu kämpfen. Belarus wiederum ist ein enger Verbündeter Russlands.

Eine Sprecherin des Deutschen Roten Kreuzes sagte der Süddeutschen Zeitung, der nun Verurteilte habe früher für eine Teilorganisation des DRK gearbeitet. Inzwischen sei er nicht mehr für die Hilfsgesellschaft tätig. Sein „Auslandsaufenthalt“ habe nichts mit seiner früheren Tätigkeit zu tun. Man sei über seine Verhaftung unterrichtet worden.

Belarus ist das einzige Land in Europa, das noch die Todesstrafe anwendet

Der Prozess soll der erste überhaupt in Belarus wegen „Söldnertätigkeiten“ gewesen sein. Dem Bericht von Wjasna zufolge ging es um eine ganze Reihe von weiteren angeblichen Straftaten, die dem Mann vorgeworfen wurden. Neben einem „Terrorakt“ und der Agententätigkeit soll er auch der „Bildung einer extremistischen Gruppe“ beschuldigt gewesen sein, der „Beschädigung von Fahrzeugen oder Kommunikationswegen“ sowie „illegaler Aktivitäten“ in Bezug auf Feuerwaffen, Munition und Sprengstoffe. Wie Wjasna berichtet, wurde der Prozess in Minsk allerdings zum Teil unter Ausschluss der Öffentlichkeit geführt. Der Angeklagte soll zum Tod durch Erschießen verurteilt worden sein. Es ist nicht bekannt, ob gegen das Urteil Rechtsmittel eingelegt wurden und wann es vollstreckt werden soll.

Menschenrechtler kritisieren die Zustände in Belarus seit Jahren: Der langjährige Präsident Alexander Lukaschenko regiert das Land autoritär, Kritik an seiner Regierung wird von der Justiz mit großer Härte verfolgt. Im vergangenen Jahr wurde die ins Exil geflüchtete Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja in Abwesenheit zu 15 Jahren Haft verurteilt.

Organisationen wie Amnesty International, ebenso das Europäische Parlament sowie die Bundesregierung prangern seit Längerem an, dass Belarus als einziges Land Europas und der ehemaligen Sowjetunion weiterhin die Todesstrafe anwendet. Seit vergangenem Jahr kann auch für Hochverrat die Todesstrafe angewendet werden, praktisch passiert dies aber vor allem bei Mord- und Terrorvorwürfen. Amnesty International kritisiert, dass insbesondere der Terrorparagraf „vage definiert und sehr weit gefasst“ sei.

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