Deutsche Wirtschaft:Exportrekord wird zum Politikum

Firmen aus der Bundesrepublik haben Waren und Dienstleistungen für 1,2 Billionen Euro ausgeführt. Das könnte Donald Trump Argumente für Strafzölle liefern.

Von Alexander Hagelüken

Ein deutscher Exportrekord könnte die Kontroverse mit US-Präsident Donald Trump verschärfen. Deutschland verkaufte im vergangenen Jahr für 1,2 Billionen Euro Waren ins Ausland, so viel wie noch nie. Das war der siebte Anstieg in Folge, teilte das Statistische Bundesamt mit. Der Handelsüberschuss stieg auf mehr als 250 Milliarden Euro.

"Die Rekordüberschüsse werden den Konflikt mit den USA weiter anheizen", warnt Marcel Fratzscher vom Deutschen Institut für Wirtschaftsforschung (DIW). "Ich fürchte, dass die Amerikaner Strafzölle erheben." US-Präsident Trump behauptet seit Längerem, zahlreiche Nationen verschafften sich im Handel mit den Vereinigten Staaten unfaire Vorteile. Neben Mexiko und China gerät jetzt die Bundesrepublik ins Visier. So wirft Trumps Berater Peter Navarro Deutschland vor, den Euro nach unten zu manipulieren, um den Vereinigten Staaten und den EU-Partnern zu schaden. Die Bundesregierung weist das zurück. Die Europäische Zentralbank, die den Euro durch Nullzinsen niedrig hält, entscheide völlig unabhängig.

Das amerikanische Defizit im Handel mit anderen Staaten stieg 2016 auf ein Vierjahreshoch. Fast die Hälfte des US-Importüberhangs zu Europa entfällt auf die Bundesrepublik - 60 Milliarden Euro. Trump drohte bereits mehreren Staaten mit hohen Strafzöllen. Dabei geht er darüber hinweg, dass diese gegen die Regeln der Welthandelsorganisation verstoßen würden. Strafzölle oder andere protektionistische Maßnahmen würden die Bundesrepublik hart treffen. Die USA sind der größte Handelspartner. Insgesamt hängt in Deutschland fast jede zweite Stelle direkt oder indirekt am Export.

"Der Exportrekord zeigt, wie wettbewerbsfähig deutsche Unternehmen sind", sagt DIW-Präsident Fratzscher. Dennoch hält er die Kritik an Deutschland teils für berechtigt. Problematisch seien nicht hohe Exporte, sondern der exzessive Handelsüberschuss durch zu niedrige Importe und Investitionen. "Deutsche Unternehmen investieren zu wenig in Deutschland. Darunter leiden die Löhne, der Wohlstand und mittelfristig der Wirtschaftsstandort." Der Ökonom rief die Bundesregierung auf, mehr für Bildung, Straßen und Datennetze auszugeben und die Bürokratie zu reduzieren, damit die Unternehmen mehr im Land investierten. Davon profitieren über höhere Importe Handelspartner wie die USA und die Euro-Staaten.

Der deutsche Exportrekord kommt insofern überraschend, als für 2016 mit weltwirtschaftlichen Problemen gerechnet worden war. Die Ausfuhren in Länder außerhalb Europas gingen auch leicht zurück. In andere EU-Staaten verkaufte Deutschland dagegen zwei Prozent mehr. Das ist wichtig, weil 60 Prozent aller deutschen Exporte in die EU gehen.

Für dieses Jahr sind Fachleute grundsätzlich optimistisch. Der Deutsche Industrie- und Handelskammertag hält drei Prozent mehr Ausfuhren für möglich. Das wäre eine fast drei Mal so starke Exportsteigerung wie 2016. Die Voraussetzung dafür ist, dass es zu keinem Handelskrieg mit den USA kommt. Im Dezember schrumpften die Exporte.

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