Deutsche Soldaten in der Türkei:Truppe unter Kulturschock

Probleme bei Türkei-Einsatz der Bundeswehr

Deutsche Patriot-Raketenabwehrstaffel: Zwei Bundeswehrsoldaten am Rande der türkischen Stadt Kahramanmaraş.

(Foto: dpa)

Soldaten der Bundeswehr sind im Rahmen des Patriot-Einsatzes in einer türkischen Kaserne stationiert. Die Zustände dort hat der Wehrbeauftragte Königshaus kritisiert. Manches irritiert zwar auch den deutschen Kommandeur vor Ort, er wirbt jedoch um Verständnis für die Gastgeber.

Von Christiane Schlötzer, Istanbul, und Christoph Hickmann

Die Kritik des Wehrbeauftragten im Bundestag, Hellmut Königshaus, an den Zuständen in der türkischen Kaserne, in der deutsche Soldaten derzeit im Patriot-Einsatz sind, hat in der Türkei kein großes Echo ausgelöst. Zwar berichteten Medien darüber, eine offizielle Erwiderung Ankaras gab es aber zunächst nicht.

Auch beim deutschen Kommandeur in Kahramanmaraş, Oberst Marcus Ellermann, war am Sonntag keine offizielle Reaktion angekommen. Ellermann bestätigte der Süddeutschen Zeitung Mängel in der Kaserne. "Da wird viel vermischt", sagte Ellermann, "kleine organisatorische und größere emotionale Dinge." Königshaus hatte in einem Bericht schwere Vorwürfe gegen die Türkei erhoben. Sanitäranlagen seien in schlechtem Zustand, auch Übergriffe von türkischer Seite wurden geschildert.

Ellermann sprach von "kulturellen Unterschieden". Die türkische Armee sei eben "komplett anders organisiert" als die Bundeswehr. So habe die Deutschen "etwas irritiert", dass Kontakte zu türkischen Soldaten erschwert würden "und vielleicht gar nicht gewünscht sind". Ellermann meinte: "So etwas verstehen wir weniger." Er könne aber nicht an die türkische Seite herantreten und sagen, "ihr müsst unser Konzept der inneren Führung übernehmen". Die Situation sei auch für den Gastgeber neu, sagte Ellermann und warb um Verständnis für die Türken. "Wir sind ja auch erst wenige Wochen hier, und wir nähern uns jeden Tag an."

"Die Traditionen sind unterschiedlich"

Die türkische Seite bemühe sich nun "mit Volldampf" um Verbesserungen. Gebäude würden renoviert und neue errichtet. "Ich weiß nicht, ob wir das in Deutschland so schnell schaffen würden", sagte Ellermann. Der Einsatz sei sehr kurzfristig geplant worden. Daher übernachten die etwa 300 Soldaten auch noch in Hotels. Die Verhältnisse in der Kaserne seien sehr beengt, da könnten auch "Kleinigkeiten" zu Reibereien führen. Soldaten hatten beispielsweise beklagt, dass sie auf dem Kasernengelände nicht joggen könnten. "Da muss man sich absprechen", sagte Ellermann. "Inzwischen können wir auch den Sportplatz nutzen und haben eine Joggingstrecke festlegt."

Er sehe keinen Grund, den Einsatz in Frage zu stellen, so der Offizier. "Wichtig ist der Geist der gemeinsamen Aktion, es geht um die Verstärkung der integrierten Nato-Luftverteidigung." Das Verhältnis zu dem türkischen Kasernenkommandeur nannte er "von Anfang an freundschaftlich". In der deutschen Truppe gibt es auch einige gebürtige Türken. "Die helfen uns im Alltag." Zu dem Vorfall, bei dem eine deutsche Feldjägerin durch die Rempelei eines türkischen Offiziers Prellungen davontrug, meinte er: "Das war ein großes Missverständnis, die Situation war unübersichtlich." Die Untersuchung dauere aber noch an.

Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) räumte ein, "dass der Standort Kahramanmaraş für sich genommen schwierig ist". Es sei "ein kleiner Standort, der nicht darauf vorbereitet ist, dort entsprechende Soldaten aufzunehmen". Die Türkei habe sich "große Mühe gegeben", Unterkünfte bereitzustellen, die "fast bezugsfertig" seien. Wenn die Soldaten dort einziehen könnten, werde sich vieles ändern. Mit Blick auf Schwierigkeiten mit der türkischen Armee sagte er: "Die Traditionen sind unterschiedlich."

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