Deutsche Rüstungsimporte:Günstiges Kriegsgerät aus der Schweiz

  • Deutschland ist 2014 mit 117 Millionen Franken zum Hauptabnehmer von schweizerischen Rüstungsgütern geworden.
  • Der Großteil davon entfällt auf das kleine Panzerfahrzeug "Eagle". Das ärgert deutsche Unternehmen, die ähnliche Fahrzeuge herstellen.
  • Schweizer Pazifisten kritisieren Exporte nach Saudi-Arabien.

Von Charlotte Theile, Zürich

Ob in die Ukraine, den Nahen Osten oder in die Türkei: Panzer, Munition und Flugabwehrsysteme lassen sich im Moment sehr gut verkaufen. In der Schweiz, wo die Absatzentwicklung von Kriegsmaterial alle drei Monate bekannt gegeben wird, zeigte sich der Effekt der weltweiten Krisen deutlich: Alleine von Juli bis September exportierten Schweizer Firmen Waffen, Munition und weiteres Gerät im Wert von etwa 160 Millionen Franken (133 Millionen Euro). Das ist fast so viel wie im ganzen ersten Halbjahr 2014. Insgesamt wurden damit bis September Rüstungsgüter im Wert von 343 Millionen Franken ausgeführt.

Hauptabnehmer der Schweizer Kriegsmaterialien ist Deutschland: Mehr als ein Drittel der Exporte gingen an das nördliche Nachbarland - Kostenpunkt 117 Millionen Franken. Eine gewaltige Steigerung: Im gleichen Zeitraum des Jahres 2013 wurde nur halb so viel in der Schweiz eingekauft. Grund dafür ist vor allem ein gepanzerter Kleintransporter namens Eagle, den die amerikanische Firma General Dynamics von ihrer Schweizer Tochterfirma Mowag produzieren lässt. Ärgerlich für die deutschen Rüstungsunternehmen Rheinmetall und Krauss Maffei, die gemeinsam ebenfalls einen gepanzerten Kleintransporter herstellen.

"Eagle" wird auch in Kaiserslautern gefertigt

General Dynamics profitiert von einer Veränderung der Vergabeverordnung für Verteidigung und Sicherheit. Seit sie 2012 in Kraft trat, müssen Aufträge vermehrt europaweit ausgeschrieben werden. Davor war es leichter möglich, aus "nationalem Sicherheitsinteresse" inländische Firmen zu bevorzugen. Heute ist das schwieriger - immer öfter kommen ausländische Anbieter zum Zug. Gerade Unternehmen aus der Schweiz konnten sich "zunehmend im Wettbewerb behaupten", heißt es aus dem Bundesverteidigungsministerium. Ein Vorteil für Kunden wie die Bundeswehr, die nun mehr Auswahl haben. Zudem gebe es einiges an grenzüberschreitender Kooperation: Der Kleintransporter Eagle etwa wird nicht nur im schweizerischen Kreuzlingen, sondern auch in Kaiserslautern gefertigt. Außerdem betont das Verteidigungsministerium, dass die Importe aus der Schweiz auch wieder zurückgehen könnten. Ein Großauftrag wie der Eagle kommt nicht jedes Jahr vor.

Auch die Schweizer erklären ihre gute Export-Bilanz mit einem Großauftrag: Der Staat, der nach Deutschland am meisten bei ihnen eingekauft hat, ist Indonesien. Das südostasiatische Land erwarb ein schweizerisches Fliegerabwehrsystem. Weitere Großabnehmer waren Italien und die USA.

Pazifisten in der Schweiz kritisieren Exporte nach Saudi-Arabien

Die pazifistische "Gruppe für eine Schweiz ohne Armee" (GSoA) kritisierte die Exporte nach Saudi-Arabien, Katar und in die Türkei, die zusammen 6,9 Millionen Franken ausmachen. "Es ist nicht auszuschließen, dass der IS mit Schweizer Waffen mordet", sagte GSoA-Sekretär Jannik Böhm. Zudem sei die Menschenrechtssituation in diesen Ländern "besorgniserregend". Mit dieser Sorge stehen die Aktivisten des GSoA allerdings im Widerspruch zu einer entscheidenden Veränderung der Schweizer Rüstungspolitik. Am 1. November 2014 wurde die Kriegsmaterialverordnung aus Sorge um die angespannte ökonomische Situation der Schweizer Rüstungsindustrie aufgeweicht. Exporte in Länder, in denen Menschenrechte "systematisch und schwerwiegend" verletzt werden, sind nun nicht länger verboten. Nur dann, wenn "ein hohes Risiko" besteht, dass das gelieferte Material auch tatsächlich für Menschenrechtsverletzungen eingesetzt werde, ist der Export weiterhin untersagt. Die Entscheidung für diese Aufweichung der Verordnung war im Frühjahr mit einer knappen Mehrheit im Parlament gefällt worden.

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