Deutsche Waffenexporte:In Jemen kämpfen Soldaten von Deutschlands Panzerkunden Katar

Qatari soldiers sit around the grave of their comrade, who was killed in Yemen, after his burial in Doha

Sein Tod hat auch für Deutschland Bedeutung: Katarische Soldaten trauern am 12. November 2015 in Doha am Grab ihres in Jemen getöteten Kameraden.

(Foto: REUTERS)

Der Außenminister von Katar twittert den Tod eines Soldaten in Jemen. Keine gute Nachricht für die Bundesregierung.

Von Paul-Anton Krüger und Georg Mascolo, Kairo/München

Katars Außenminister Khalid al-Attiyah kommuniziert nicht allzu oft über Twitter. Seit Januar 2012 hat er ein offizielles Konto bei dem Kurznachrichtendienst, 36 500 Menschen folgen ihm. Sie konnten am Mittwoch seine 45. Botschaft lesen - eine Nachricht, die das kleine Emirat in tiefe Trauer stürzt: "Wir gratulieren uns und unserem Volk zum Märtyrertod eines Sohnes unseres Heimatlandes in Jemen. Möge Gott ihn in den höchsten Himmel aufnehmen und seiner Familie Langmut und Trost schenken", schrieb der Minister.

Muhammad Hamid Sulayman ist der erste katarische Soldat, der im Zuge der von Saudi-Arabien angeführten Militäroperation gegen die aufständischen Huthi-Milizen in Jemen gefallen ist, an der sich Katar beteiligt. Am Donnerstag nahm der katarische Emir, Scheich Tamim bin Hamad al-Thani, am Begräbnis des Soldaten teil.

Nur Grenzsicherung und Logistik, versichert das Auswärtige Amt

Die Nachricht von seinem Tod in Jemen bringt nun - zusammen mit anderen Informationen - die Bundesregierung in Erklärungsnöte, genauer: das Auswärtige Amt. Dessen Sprecher Martin Schäfer hatte am 23. Oktober in der Bundespressekonferenz gesagt, Katar sei Teil einer Koalition, die sich militärisch am Konflikt in Jemen beteilige. Er betonte jedoch: "Katar hat sich aber von Anfang bis zum heutigen Tag nicht aktiv an Kampfhandlungen im Jemen oder mit dem Jemen beteiligt". Doha beschränke sich auf "Grenzsicherung, logistische Dienstleistungen und Ähnliches" - eine Darstellung, die kaum noch zu halten ist.

Die Frage war aufgekommen, nachdem die Süddeutsche Zeitung berichtet hatte, dass die Bundesregierung die nach dem Außenwirtschaftsgesetz erforderliche Genehmigung erteilt hatte, Kampfpanzer des Typs Leopard 2 und Panzerhaubitzen an Katar zu liefern, das "Kriegspartei in Jemen" sei - trotz Bedenken des Wirtschaftsministeriums von Sigmar Gabriel. Das wäre mit den Richtlinien, die sich die Bundesregierung selbst für Rüstungsexporte gegeben hat, kaum mehr zu vereinbaren, auch wenn die schwarz-gelbe Vorgängerregierung die Ausfuhr 2013 nach den Bestimmungen des Kriegswaffenkontrollgesetzes grundsätzlich genehmigt hatte.

Nach SZ-Informationen hatten das Kanzleramt und das Auswärtige Amt intern für den Export votiert, mit der Begründung, Katar sei nicht direkt an Gefechten in Jemen beteiligt. Zudem sei man zuversichtlich, eine förmliche Zusicherung aus Doha zu bekommen, dass die deutschen Waffen nicht in Jemen eingesetzt würden, wie Schäfer später in der Bundespressekonferenz noch hinzufügte.

Der "Märtyrertod" legt nahe, dass der Soldat im Kampf starb

Das Auswärtige Amt teilte auf Anfrage mit, die "genauen Umstände des Todes des katarischen Soldaten sind hier nicht bekannt. Die uns vorliegenden Erkenntnisse geben keinen Anlass, die Aussagen der katarischen Seite zur Rolle Katars im Jemen-Konflikt infrage zu stellen".

Die Katarer machten zwar nicht öffentlich, wie der Soldat umkam, es ist allerdings schwer vorstellbar, dass der Außenminister von "Märtyrertod" reden würde und man ihm ein Heldenbegräbnis bereiten würde, wäre er bei einem Unfall gestorben. Laut der katarischen Zeitung Doha News war er Angehöriger einer Spezialeinheit und Jahrgangsbester in der Infanterieausbildung. Noch eindeutiger liegt der Fall seines Kameraden Hamad bin Saad al-Marri. Er war laut der amtlichen Nachrichtenagentur QNA am 30. Oktober "während eines Angriffs auf von den Huthis gehaltene Positionen" in Jemen am Fuß verwundet worden. Der Vater des Emirs besuchte ihn im Krankenhaus.

50 Soldaten einer katarischen Spezialeinheit in Jemen

Der katarische Sender Al Jazeera hatte Anfang September unter Berufung auf einen eigenen Korrespondenten an der saudischen Grenze zu Jemen gemeldet, 1000 katarische Soldaten seien mit 200 gepanzerten Fahrzeugen und 30 Apache-Kampfhubschraubern ins Nachbarland eingerückt und auf dem Weg in die umkämpfte Provinz Marib. Von dort aus wollten die Koalitionstruppen auf die Hauptstadt und Huthi-Gebiete im Norden vorstoßen. Der Sender gehört der katarischen Herrscher-Familie; er würde eine solche Meldung kaum gegen den Willen der Regierung bringen.

Das war ein bisschen dick aufgetragen, doch kämpfen Katarer in Jemen. Andreas Krieg, Sicherheitsberater in Doha und Assistenzprofessor am King's College London, sagte der SZ, an der noch laufenden Operation Restoring Hope in Jemen seien zwar "nicht mehr als 500 katarische Soldaten beteiligt". Etwa 50 Mann einer Spezialeinheit, ausgerüstet mit gepanzerten Fahrzeugen, würden jedoch in Marib an der Seite lokaler Milizen kämpfen.

Ein weiteres Kontingent sei, verstärkt von regulären Truppen, in Aden im Einsatz, dies sei aber eher eine Stabilisierungsmission. In der ersten Phase des Krieges von Ende März bis Ende April habe die katarische Luftwaffe zudem Angriffe auf Ziele in Jemen geflogen. Auch habe an der Operation Decisive Storm eine kleinere Zahl Soldaten von katarischen Spezialeinheiten teilgenommen.

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