Mit leicht euphorischer Grundstimmung über das so wunderbar systematische und berechenbare deutsche Recht intonierte der Deutsche Richtertag kürzlich in Weimar ein Thema, das die Juristenschaft seit geraumer Zeit umtreibt: den Rechtsexport, diesmal in einer deutsch-französischen Variante - um sich als Kontinentaleuropäer gegen die agile US-Konkurrenz besser aufzustellen.
Historische Aufnahme vom Februar 2011: Regierungsgegner protestieren auf dem Tahrir-Platz in Kairo, dem Ort der Revolution in Ägypten. Deutsche Rechtsexperten haben nun erste Kontakte nach Ägypten und Tunesien geknüpft.
(Foto: AP)Die Erfahrungen auf diesem Terrain reichen schon viele Jahre zurück. 1992 rief der damalige Bundesjustizminister Klaus Kinkel die "Deutsche Stiftung für internationale rechtliche Zusammenarbeit", kurz IRZ, ins Leben. Die mit inzwischen 45 Mitarbeitern vergleichsweise schlanke Organisation sollte den rechtsstaatlichen Aufbau in Osteuropa unterstützen - kräftig unterstützt vom Richterbund sowie den Kammern und Verbänden der Rechtsanwälte und Notare.
Erfahrungen, die nun einem Engagement auf neuem und noch unbekanntem Terrain zugute kommen: Nach dem Umbruch in Nordafrika hat die IRZ erste Bande nach Ägypten und Tunesien geknüpft. In Kairo gab es bereits Vorgespräche mit den Anwaltsverbänden. Geplant ist erstmal eine Veranstaltung zum Berufsrecht. Wie es weitergeht, wird sich entscheiden, sobald - das ist üblich - ein offizielles Komitee des federführenden Ministeriums für Justiz dorthin gereist ist. "Wir müssen herausfinden, welche Rechtsgebiete die Ägypter interessieren", sagt IRZ-Chef Dirk Mirow.
Denn natürlich ist den juristischen Entwicklungshelfern, die den Rechtsstaat zum Keimen bringen wollen, die Gefahr bewusst, dass man rasch als Kolonialmacht wahrgenommen werden kann. Ein Gedanke, der ja nicht fernliegt: Rechtsexport ist nicht nur altruistisch motiviert. Gerade hinter dem Versuch, wirtschaftsrechtliche Strukturen zu etablieren, stehen ökonomische Exportinteressen. Deshalb versucht die IRZ, bevor sie Antworten liefert, zunächst die Fragen zu identifizieren.
Die Interessensgebiete der potenziellen "Importeure" sind vielfältig und manchmal überraschend. Staatliche Strukturen stoßen häufig auf Interesse: Der Exportschlager ist das deutsche Verfassungsgericht. In Polen oder Litauen zitieren die Richter eifrig dessen Urteile. Auch das inzwischen europäisierte Grundrechtssystem steht oben auf der Liste. Kaum nachgefragt ist dagegen der deutsche Föderalismus, auch die schwache Position des deutschen Bundespräsidenten findet wenig Nachahmer; in Zentralasien zum Beispiel schätzt man starke Präsidialsysteme.