Süddeutsche Zeitung

Deutsche Bank:Wenn die Kontrolle versagt

Kein Ende der Schlagzeilen: Hat das Institut verdächtige Geschäfte von Donald Trump gedeckt? Die Aktionäre sollten den verantwortlichen Managern das Vertrauen entziehen.

Von Meike Schreiber

Man kann leicht den Überblick verlieren: Der wievielte potenzielle Skandal ist das nun eigentlich, der die Deutsche Bank ins Zwielicht rückt? Seit der Finanzkrise ist das größte deutsche Geldhaus in ungezählte juristische Streitereien verstrickt. Erst ging es um die Manipulation von Referenzzinsen und um windige Derivate, dann um Tricksereien auf dem US-Häusermarkt, später um Geldwäsche. Und seit zwei Jahren gibt es Fragen zur Verbindung zu US-Präsident Donald Trump. Die New York Times hat jetzt recherchiert, dass Mitarbeiter der Bank, angeblich Experten für Geldwäsche, 2016 und 2017 auffällige Überweisungen bei Firmen von Donald Trump und Schwiegersohn Jared Kushner der Finanzaufsicht melden wollten.

Doch Führungskräfte hätten dies abgelehnt. Solche Verdachtsmeldungen gehören durchaus zur Routine des Bankgeschäfts und müssen nicht zwangsläufig bedeuten, dass die Bank tatsächlich kriminelle Handlungen von Trump und Kushner gefunden hat. Es wäre aber ein Skandal ersten Ranges, hätten Führungskräfte der Bank die Meldung verhindert. Die Deutsche Bank wies die Vorwürfe am Montag zurück, und auch für Wiederholungstäter gilt zunächst einmal die Unschuldsvermutung. Aber: Die schiere Menge an Rechtsfällen wird zu einem immer größeren Problem für die geschwächte Bank.

Es ist daher auch gut, dass die Fusion mit der Commerzbank gescheitert ist. Denn wie soll man so etwas Kompliziertes wie eine Großfusion hinbekommen, wenn die Bankführung die eigene Organisation nicht halbwegs unter Kontrolle bekommt? Wie schlimm die Lage ist, zeigte vergangenen Winter die Großrazzia in der Zentrale des Instituts wegen des Verdachts der Geldwäsche. Zwar weiß die Öffentlichkeit bis heute nicht, ob die Untersuchung nötig war. Den Aktienkurs der Bank drückte die Aktion aber auf ein Rekordtief. Zugleich stiegen die Zinsen, welche das Geldhaus am Kapitalmarkt zahlen muss, derart gefährlich, dass es das Geschäftsmodell gefährdet.

Viele Investoren wissen längst: Die Deutsche Bank ist nicht nur zu groß, als dass man sie pleitegehen lassen könnte, nein. Sie ist vor allem zu kompliziert, um noch halbwegs anständig geführt zu werden. Mit braven Privatkundenbankern auf der einen Seite und hoch bezahlten Investmentbankern auf der anderen gibt es dort fast so viele Gefechtslinien wie Abteilungen. Hinzu kommt vor allem: der Druck Geschäfte zu machen - egal mit wem. Ob mit schlecht beleumundeten Geschäftsleuten wie Trump, mit reichen Steuerhinterziehern oder einer Danske-Bank, die sich vergangenes Jahr als Geldwäsche-Dienstleister par excellence entpuppte, aber eben auch als langjähriger Geschäftspartner der Deutschen Bank.

In jedem dieser Fälle stellt sich die Frage: Wieso hat dies niemand bemerkt? Warum wurden Warnungen überhört? Oder: Warum sah sich das Bundeskriminalamt vergangenen Winter genötigt, das Kreditinstitut zu durchsuchen? Hat die Bank wirklich so gut kooperiert, wie sie sagt?

Die Aktionäre sollten sich auf der Hauptversammlung in dieser Woche nicht wieder damit abspeisen lassen, dass es sich um Problemfälle aus vergangenen Zeiten handelt. Sie sollten zumindest einzelnen verantwortlichen Vorständen und allen voran Aufsichtsratschef Paul Achleitner, der seit 2012 den Niedergang an der Spitze des Kontrollgremiums verwaltet, die Entlastung verweigern.

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Quelle:
SZ vom 21.05.2019
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