Der Leiter des umstrittenen Bahnprojekts Stuttgart 21, Hany Azer, gibt überraschend auf. Wie die Deutsche Bahn am Montag mitteilte, habe sich Azer immer wieder persönlichen Anfeindungen und Drohungen von S 21-Gegnern ausgesetzt gesehen. "Zuletzt war es ihm nur unter Personenschutz des Konzerns möglich zu arbeiten."
Azer, 61, habe sich daher entschlossen, die Leitung von Stuttgart 21 zum 31. Mai abzugeben. Bis dahin will die Bahn einen Nachfolger gefunden haben. An dem Projekt, zu dem die Tieferlegung des Stuttgarter Hauptbahnhofs sowie die Neubaustrecke Wendlingen-Ulm gehören, hält der Konzern unbeirrt fest. Derzeit ruhen die Bauarbeiten allerdings, weil die Bahn zunächst mit der neuen grün-roten Landesregierung sprechen will. Die Grünen lehnen S 21 ab.
Der gebürtige Ägypter Azer, der zuvor bereits die Bauleitung für den Berliner Hauptbahnhof innehatte, übernahm die Projektleitung für Stuttgart 21 im April 2008.
Erst vor gut einem Monat hatte der 61-Jährige für Aufsehen gesorgt. Damals waren ein Brief von ihm und ein 130 Seiten starkes Dossier bekannt geworden, in denen er erhebliche Risiken aufgelistet hatte. Sie könnten das Projekt um bis zu 1,26 Milliarden Euro teurer machen. Die Bahn hatte das jedoch zurückgewiesen. In den Dokumenten seien turnusmäßig "sämtliche nur erdenklichen Risiken" für den Vorstand aufgelistet worden. Es sei völlig ausgeschlossen, dass sich die Risiken am Ende tatsächlich alle realisierten.