Deutsch-türkischer Journalist:Türkei lockert Einzelhaft von inhaftiertem Journalist Yücel

Jahresrückblick 2017

Das Plakat eines Teilnehmers eines Autokorsos aus Solidarität mit dem in der Türkei inhaftierten Journalisten Denis Yücel

(Foto: dpa)

Der deutsche Reporter darf nach mehr als 290 Tagen Haft Kontakt zu anderen Gefangenen haben. In einer Einzelzelle sitzt er aber weiterhin.

Der in der Türkei inhaftierte Journalist Deniz Yücel ist nicht mehr in Einzelhaft. Der deutsche Reporter sitze zwar immer noch in einer Einzelzelle, habe aber inzwischen Zugang zu einem Gefängnishof, den er sich mit einem ebenfalls inhaftierten türkischen Journalisten teile, sagte Yücels Anwalt Veysel Ok zu Yücels Arbeitgeber, der Tageszeitung Die Welt.

Yücel sei nach mehr als 290 Tagen in eine Zelle verlegt worden, die über einen Innenhof mit zwei anderen verbunden sei, sagte der Anwalt weiter. Der Zugang beider Zellen zu dem gemeinsamen Innenhof sei während des Tages geöffnet. In einer der Zellen sitze der Journalist Oguz Usluer. Bisher war Yücel jeder Kontakt zu Mitgefangenen unmöglich.

Türkische Regierung hält lange Untersuchungshaft Yücels für "angemessen"

Yücel sitzt seit dem 27. Februar in der Haftanstalt Silivri westlich von Istanbul in Untersuchungshaft. Ihm wird Terrorpropaganda und Volksverhetzung vorgeworfen, was Yücel abstreitet. Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdoğan hatte den Journalisten mehrfach als "Spion" bezeichnet.

Die türkische Regierung hält die Untersuchungshaft für gerechtfertigt. Das geht aus einer Stellungnahme beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) hervor. Die Maßnahmen gegen den Journalisten seien "notwendig und angemessen", heißt es darin. Die Türkei hatte den EGMR aufgefordert, die Beschwerde Yücels gegen seine Untersuchungshaft abzulehnen. Yücel habe im März Beschwerde beim türkischen Verfassungsgericht eingereicht und müsse den nationalen Rechtsweg zunächst ausschöpfen, hieß es unter anderem zur Begründung. Dass das Verfassungsgericht noch keine Entscheidung getroffen habe, sei angesichts des Ausnahmezustands in der Türkei und der hohen Belastung der Gerichte "äußerst vertretbar".

Die deutsch-türkischen Beziehungen sind unter anderem wegen der Inhaftierung mehrerer Deutscher und Deutschtürken auf einem Tiefpunkt angelangt. Deutschland wirft der Türkei vor, diese Bürger aus politischen Gründen festzuhalten. Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert den Abbruch der EU-Beitrittsverhandlungen mit dem Land. In der EU gibt es dafür aber keine Mehrheit.

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