Süddeutsche Zeitung

Deutsch-türkische Beziehungen:Roth spricht von "neuer Eskalationsstufe" im Türkei-Verhältnis

Lesezeit: 1 min

Bundestags-Vizepräsidentin Claudia Roth hat der Türkei vorgeworfen, jeden politischen Dialog mit Abgeordneten des deutschen Parlaments zu verweigern. Der türkische Vizeaußenminister habe die deutsche Botschaft informiert, dass es "derzeit nicht als opportun erachtet werde, politische Gespräche von deutscher parlamentarischer Seite in der Türkei zu führen", sagte Roth. "De facto kommt dies einer Absage an den politischen Dialog gleich. Man könnte auch sagen: Rote Karte für den Deutschen Bundestag."

Offizielle Gespräche wären damit ebenso unmöglich wie ein Besuch des Parlaments. Eine seit langem geplante Reise mehrerer Bundestagsabgeordneter in die Türkei sei daher von den Teilnehmern kurzfristig abgesagt worden.

In einer Pressekonferenz mit dem außenpolitischen Sprecher der SPD-Fraktion, Niels Annen, sprach die Grünen-Politikerin von einer "neuen Eskalationsstufe der Erdoğan-Türkei". Die Bundesregierung müsse nun gegenüber dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan klare Worte finden.

Die seit vielen Wochen geplante Reise hätte am Donnerstag beginnen sollen. Schwerpunkte des Programms lagen auf der innenpolitischen Situation in der Türkei nach dem umstrittenen Verfassungsreferendum und den Beziehungen zur Europäischen Union. Dazu wollte die Bundestagsdelegation mit Parlamentariern und Regierungsvertretern in Ankara sprechen, außerdem war ein Abstecher in die Kurden-Hochburg Diyarbakir vorgesehen. Ein Besuch des Luftwaffenstützpunkts Incirlik war nicht geplant.

Mitglieder der Delegation wären neben Roth und Annen auch der Vorsitzende des Menschenrechtsausschusses des Bundestages, Matthias Zimmer (CDU), und die flüchtlingspolitische Sprecherin der Grünen, Luise Amtsberg, gewesen.

Zuvor hatte die Türkei Mitgliedern des Verteidigungsausschusses einen Besuch bei den in Incirlik stationierten Bundeswehrsoldaten verweigert. Annen unterstrich daher die Aufforderung an Bundeskanzlerin Angela Merkel, beim bevorstehenden Nato-Gipfel mit Erdoğan eine grundlegende Vereinbarung für ein dauerhaftes Besuchsrecht zu erzielen. Andernfalls müssten die deutschen Soldaten abgezogen werden.

Präsident Erdoğan reagierte inzwischen auf die lauter werdenden Forderungen, die deutschen Soldaten abzuziehen und sieht einem solchen Szenario gelassen entgegen. "Wenn sie gehen, dann sagen wir eben "Auf Wiedersehen". Nichts weiter", sagte er in Ankara. Ein Abzug der deutschen Soldaten sei für die Türkei "kein Problem."

Bestens informiert mit SZ Plus – 4 Wochen kostenlos zur Probe lesen. Jetzt bestellen unter: www.sz.de/szplus-testen

URL:
www.sz.de/1.3520210
Copyright:
Süddeutsche Zeitung Digitale Medien GmbH / Süddeutsche Zeitung GmbH
Quelle:
SZ.de/rtr/dpa/afp/lalse
Jegliche Veröffentlichung und nicht-private Nutzung exklusiv über Süddeutsche Zeitung Content. Bitte senden Sie Ihre Nutzungsanfrage an syndication@sueddeutsche.de.