Deutsch-polnischer Vertrag:Grüne bringen eigenen Antrag ein

Die Fraktionen im Bundestag ringen um eine Erklärung zum Jahrestag des deutsch-polnischen Vertrags: Wie soll die umstrittene Charta der Heimatvertriebenen darin vorkommen?

Von Joachim Käppner und Nico Fried

Im Streit über eine Erklärung des Bundestages zum 25. Jahrestag des deutsch-polnischen Vertrages bringen die Grünen nun einen eigenen Antrag ein. Sie ziehen damit die Konsequenz aus dem Scheitern der Gespräche mit der Koalition über eine Entschließung aller drei Fraktionen. Vor allem zwischen Union und Grünen konnte kein Einvernehmen darüber hergestellt werden, in welcher Form auf die sogenannte Charta der Heimatvertriebenen von 1950 und somit auf die Rolle der Vertriebenen im Aussöhnungsprozess mit Polen Bezug genommen werden soll.

"Die Zeiten im deutsch-polnischen Verhältnis sind schwierig", sagte Grünen-Fraktionschefin Katrin Göring-Eckardt der Süddeutschen Zeitung. Den Grünen sei sehr daran gelegen zu einem Kompromiss zu kommen: "Klar ist: Wenn auf die Charta Bezug genommen wird, muss sie historisch eindeutig eingeordnet sein." Im Grünen-Antrag wird nun erwähnt, dass der Versöhnungsgedanke auch von deutschen Heimatvertriebenen vorangetrieben worden sei, die den in der Charta geforderten Gewaltverzicht und den Appell für europäische Lösungen zur Richtschnur ihrer Arbeit machten, "auch wenn die Charta aufgrund des Postulats eines Rechts auf Heimat im Verständnis eines Rechts auf Rückkehr (. . .) in ihrer Versöhnungsleistung historisch nicht unumstritten ist".

Der Konflikt weitete sich am Mittwoch auf die Koalition aus, nachdem die SPD-Fraktion der Union mitgeteilt hatte, sie werde ohne die Grünen dem schon vereinbarten Antrag nicht zustimmen. Dies hatte in der Union für Unmut gesorgt. Die Charta wurde 1950 von den Verbänden der Vertriebenen verabschiedet. Die Heimatvertriebenen sprechen von einem Manifest der Versöhnung, in dem sie Verzicht auf Rache und Vergeltung übten. Kritiker wie die Publizisten Ralph Giordano und Micha Brumlik sahen in der Erklärung dagegen eine typische "Verdrängung und Verleugnung des Nationalsozialismus" und seiner Opfer sowie die Grundlage dafür, die Rückgabe der Ostgebiete zu fordern.

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