Deutsch-italienische Regierungskonsultationen:Sommerliche Harmonie statt deutlicher Worte

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"Mit Mario Monti habe ich bisher immer eine Einigung gefunden": Nach dem ruppigen Brüsseler Gipfel demonstrieren Angela Merkel und der italienische Premierminister in Rom herzliches Einvernehmen. Dabei hat Monti schlechte Nachrichten: Er rechnet in diesem Jahr für Italien mit einem weit höheren Defizit als bislang angenommen.

Andrea Bachstein

Mit dieser Antwort punktet Angela Merkel jedenfalls: Ob sie sich große Sorgen darüber mache, wer im Frühjahr 2013 in Italien als Nachfolger von Premierminister Mario Monti gewählt wird, fragt man sie in Rom. Da lächelt die Bundeskanzlerin übers ganze Gesicht und sagt, Gedanken über die Wahlen die ihr 2013 zu Hause bevorstehen, lägen ihr deutlich näher. Jetzt zähle aber erst einmal in der Eurokrise jeder Tag, "deshalb sind wir heute so fleißig", und sie hoffe, noch sehr oft mit Monti zu tun zu haben.

Angela Merkel und Mario Monti: von Missstimmung ist nichts zu spüren. (Foto: AP)

Von Missstimmung ist am Mittwochnachmittag nichts zu spüren, als sich Merkel und Monti zum ersten Mal seit dem nervenstrapazierenden EU-Gipfel in Brüssel am vergangenen Freitag treffen. Die beiden konnten immer schon gut miteinander, und jetzt wirkt die Atmosphäre geradezu freundschaftlich, schon vom ersten Händedruck an, zu Klängen der Grenadierkapelle wie der Zikaden im Garten der Villa Madama. Man will gemeinsam weiter für Europa kämpfen, dass ist ihre Hauptbotschaft.

In dem malerischen Renaissanceschlösschen trifft man sich zu deutsch- italienischen Regierungskonsultationen, und ob Merkel nach ihren widerstrebenden Zugeständnissen bei den europäischen Rettungsfonds und Direkthilfen an Banken als halbe Siegerin oder halbe Verliererin gekommen ist, ist Interpretationssache. Monti darf sich in diesen Punkten eher als Gewinner des Verhandlungsmarathons der EU-Regierungschefs sehen. Es geht heute auch darum, wie die Details der Brüsseler Beschlüsse aussehen sollen - doch äußern wollen sich dazu weder Merkel noch Monti.

Dafür wollen sie ganz klar dem Eindruck keinen Platz lassen, dass Montis Verhandlungsposition beim Brüssler Gipfel außergewöhnlich hart gewesen sei. Das sei die europäische Normalität, dass jeder seine Interessen vertritt, sagt Merkel, aber das geschehe in Solidarität, und am Ende müsse nun einmal einstimmig beschlossen werden. "Mit Mario Monti habe ich bisher immer eine Einigung gefunden." Der weist noch daraufhin, dass sie beide Anhänger einer wettbewerbsfähigen sozialen Marktwirtschaft seien, und dass es nun mit den beschlossenen Wachstumsmaßnahmen darum gehe, Europa wettbewerbsfähiger zu machen.

Der Kritik am angeblichen deutschen Egoismus geschuldet, betont Merkel, wie eng beide Länder wirtschaftlich verflochten seien, und dass es auch Deutschland nicht gut geht, "wenn es unseren Nachbarn in Europa nicht gut geht". Das ist ein weiteres Argument für ihr Entgegenkommen bei der Verwendung des ESM-Rettungsschirms für die Stützung von Staatsanleihen. Monti, der dafür in Brüssel gekämpft hat, unterstreicht, dass er solche Eingriffe nur für Staaten ermöglichen will, die mit ihren Sparmaßnahmen und Strukturreformen im Plan liegen. Und da versucht er, mit seinen Pfunden zu wuchern: den Sparmaßnahmen, die er durchgesetzt hat und der letzte Woche verabschiedeten Arbeitsmarktreform.

In den nächsten Tagen stehen erneut Kürzungen an, die bis zu acht Milliarden Euro bringen sollen. Unter anderem soll jede zehnte Stelle im öffentlichen Dienst wegfallen. Bis 2013 soll die Neuverschuldung so auf 0,6 Prozent gedrückt werden. In diesem Jahr rechne er allerdings mit einem Defizit von zwei Prozent, sagt Monti. Die bisherige Prognose hatte bei 1,3 Prozent gelegen. Merkel tröstet: Auch in Deutschland habe es viel Unzufriedenheit über die Härten der zur Zukunftssicherung nötigen Reformen gegeben. Aber sie hätten sich ausgezahlt. "Der Erfolg wird sich auch in Italien einstellen, "aber es dauert länger als einen Monat."

© SZ vom 05.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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