Ghana:Es fährt ein Zug nach Takoradi

Ghana: Auch in anderen afrikanischen Ländern wird wieder in die Schiene investiert, etwa in Kenia weihte Präsident Uhuru Kenyatta 2019 eine Strecke ein.

Auch in anderen afrikanischen Ländern wird wieder in die Schiene investiert, etwa in Kenia weihte Präsident Uhuru Kenyatta 2019 eine Strecke ein.

(Foto: Li Yan/imago images/Xinhua)

Ghana will nach Jahrzehnten des Verfalls seine Eisenbahnen erneuern. Auch die Deutsche Bahn ist bei einem Milliardenauftrag dabei. Bisher bauten vor allem China und die Türkei neue Strecken in Afrika.

Von Bernd Dörries, Kapstadt

Als am Donnerstag die Jungfernfahrt begann, war natürlich ein Team des ghanaischen Fernsehens an Bord des Zuges, der nach langer Pause mal wieder die Strecke zwischen der Hauptstadt Accra und der etwa 25 Kilometer entfernt liegenden Hafenstadt Tema befuhr. Der Reporter von Ghana Web TV wollte von den Fahrgästen wissen, wie zufrieden sie seien mit dem Service der staatlichen Bahngesellschaft. Sehr viel verstand man nicht von den Interviews, weil die alte Diesellokomotive ständig am Hupen war - womöglich, weil nicht sehr viele Menschen im Großraum Accra damit gerechnet hatten, dass auf den alten Gleisen jemals wieder Züge fahren. Doch das ist zur Überraschung viele Ghanaer tatsächlich der Fall. Auch in anderen Landesteilen werden plötzlich Lokomotiven gesichtet, buddeln Bagger, um neue Gleistrassen aufzuschaufeln.

Es bewegt sich etwas in Ghana. Schon vor Jahren hatte Präsident Nana Addo Dankwa Akufo-Addo eine Bahnoffensive im Land angekündigt, mit etwas Verspätung rollt sie nun langsam an. "Es gibt einige Dinge, die in unserem Land nach der Unabhängigkeit falsch gelaufen sind. Aber eines der schlimmsten war die Art und Weise, wie wir zugelassen haben, dass sich unsere Eisenbahninfrastruktur verschlechtert hat. In Ghana werden wir eine erstklassige Eisenbahninfrastruktur haben." Bis dahin dauert es wohl noch ein wenig, aber am Montag will das Land in Westafrika einen großen Schritt machen: Der Präsident persönlich soll eine Vereinbarung unterzeichnen, die 339 Kilometer lange Western Line neu zu bauen, die den großen Hafen Takoradi mit der Bergbauindustrie und Landwirtschaft im Hinterland von Ghana verbindet.

Ein Schienennetz aus der Kolonialzeit

Das Gesamtvolumen beträgt 3,2 Milliarden Dollar, mit dabei ist auch die Deutsche Bahn, über das Joint Venture Thelo DB, das zusammen mit einem südafrikanischen Partner betrieben wird. Thelo DB will auf dem ganzen afrikanischen Markt vor allem Ingenieur- und Beratungsleistungen anbieten, der Auftrag in Ghana ist der bisher größte. Zu den Kreditgebern der Western Line gehört auch die Deutsche Bank. Es ist wohl das erste Mal seit dem Ende der deutschen Kolonien nach dem Ersten Weltkrieg, dass sich Deutschland in Subsahara-Afrika wieder am Eisenbahnbau beteiligt. Es ist ein wachsender Markt, der bisher fast komplett China und der Türkei überlassen wurde.

In vielen Teilen Afrikas entspricht das Schienennetz noch ziemlich genau dem der Kolonialzeit, wie kleine Adern ziehen sich die Strecken von den Küsten ins Landesinnere, sie wurden nicht für Passagiere verlegt, sondern um die Rohstoffe im Landesinneren zu plündern, an die Häfen zu bringen und von dort weiter nach Europa.

In den vergangenen Jahrzehnten wurden viele Strecken vernachlässigt, in Ghana sind von einst 947 Kilometern nur noch etwa zehn Prozent befahrbar. Ähnlich sah es in Äthiopien oder Kenia aus. Doch in den vergangenen Jahren wurden dort viele Strecken neu gebaut, die Spurbreite von Narrow auf Standard Gauge erweitert. In Äthiopien fährt nun ein elektrifizierter Zug nach Dschibuti, bis zu 14 Containerzüge täglich. Auch ein paar Passagierzüge gibt es, die alle paar Tage verkehren. Mit einem kleinen Bordbistro, in dem es zwar keinen Alkohol gibt, aber Verkäufer frisches Khat anbieten, grüne Blätter, die zu einem Rausch führen, der etwa zwei Pils auf nüchternen Magen am Morgen entspricht.

Löwen fraßen mehrere Arbeiter

In Kenia wurde die Lunatic Line neu gebaut, die Zugstrecke der britischen Kolonialherren. Sie bekam ihren Spitznamen, weil es damals verrückt war, die 1340 Kilometer von Mombasa nach Kisumu zu bauen, durch ein Gebiet voller wilder Tiere und Malaria-Mücken, Löwen fraßen mehrere Arbeiter. Später war es einfach verrückt, den Zug zu benutzen, der manchmal Tage zu spät kam. Jetzt gibt es eine hochmoderne Strecke, von der man auch Giraffen beobachten kann.

Auch im Nachbarland Tansania wird gebaut, dort soll eine 1200 Kilometer lange Strecke von der Küstenmetropole Daressalam bis zum Viktoriasee führen. Milliarden wird in Infrastruktur investiert, aber nicht immer erfüllen sich die Erwartungen, auch in Afrika ist es nicht so leicht, den Güterverkehr von der Straße auf die Schiene zu bringen. Die Strecke in Kenia macht Verluste, in Äthiopien sieht es nicht viel besser aus, dort werden die Züge sogar von lokalen Viehhirten angegriffen, die ihre Tiere ungestört über die Trasse treiben möchten.

In Ghana erhofft sich die Regierung, dass der Zug dabei hilft, Rohstoffe und landwirtschaftliche Erzeugnisse an die Häfen zu bringen, die zu den besten Afrikas gehören. Die Zugstrecke soll wichtige Bauxit- und Mangan-Minen mit der Küste verbinden. Auch tropische Früchte können so exportiert werden. Eine große südafrikanische Farm kündigte vergangene Woche an, ihre 200 Hektar große Passionsfruchtplantage vom Kap nach Westafrika verlegen zu wollen. In Südafrika würden viele Früchte verderben, weil die Infrastruktur an den Häfen immer wieder zusammenbreche, sagte ein Eigentümer der Roslesia-Farm. In Ghana seien die Bedingungen besser.

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