Nach fünfzehn Monaten Krieg im Gazastreifen haben sich Israel und die Hamas auf einen Deal über eine Waffenruhe und eine Rückkehr der Geiseln geeinigt. Er sieht drei Phasen vor, die auf einen langfristigen Frieden abzielen. Die Waffenruhe sollte eigentlich am Sonntagmorgen um 8.30 Uhr Ortszeit (7.30 Uhr MEZ) in Kraft treten. Doch sie verzögerte sich, weil eine Liste der freizulassenden Geiseln von der Hamas noch fehlte, und trat erst um 10.15 Uhr (MEZ) in Kraft.
Phase 1
Sechs Wochen soll die erste Phase der Waffenruhe dauern, 42 Tage. Die Hamas soll in dieser Zeit 33 Geiseln freilassen, mindestens drei Geiseln pro Woche. Darunter seien alle festgehaltenen Frauen und Kinder sowie Männer über 50. Das kündigte der Ministerpräsident von Katar, Scheich Mohammed bin Abdulrahman al-Thani bei einer Pressekonferenz in Doha an. In welchem Zustand sich die Geiseln befinden, ist allerdings unklar. Die israelische Regierung geht jedoch davon aus, dass die meisten von ihnen zumindest am Leben sind. Insgesamt sind noch 97 Geiseln in der Gewalt der Hamas.
Dem Büro von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu zufolge sollen die ersten Geiseln bereits am Sonntag freikommen – gegen 16 Uhr Ortszeit (15 Uhr MEZ). Die Hamas wird die Geiseln dem Roten Kreuz sowie ägyptischen und katarischen Teams übergeben. Über Ägypten sollen die Geiseln dann zurück nach Israel und in Krankenhäuser gebracht werden.
In der ersten Phase sollen sich die israelischen Streitkräfte auch schrittweise aus dem Zentrum des Gazastreifens zurückziehen. Die aus dem Norden des Küstengebietes vertriebenen Palästinenserinnen und Palästinenser sollen dorthin zurückkehren. Pro Tag sollen 600 Lkw-Ladungen mit Hilfsgütern in den Gazastreifen gebracht werden. 300 Lkw seien für den Norden des Gazastreifens vorgesehen. Auch Treibstoff soll in den weitgehend zerstörten Küstenstreifen transportiert werden. Am Grenzübergang in Rafah warten bereits zahlreiche Lkw darauf, in den Gazastreifen fahren zu dürfen.
Israel soll zudem im Gegenzug für jede zivile Geisel 30 palästinensische Gefangene aus israelischer Haft entlassen. Das teilte die Regierung in Jerusalem mit. Bei den Palästinensern handele es sich um 1167 festgenommene Bewohner des Gazastreifens, die nicht an dem Massaker der Hamas und anderer Extremisten aus dem Küstenstreifen vom 7. Oktober 2023 in Israel beteiligt waren. Dabei dürfte es sich vor allem um Hamas-Kämpfer handeln, die während der vergangenen mehr als 15-monatigen Kämpfe gefangen genommen wurden. Die anderen freizulassenden Palästinenser sind Häftlinge, die wegen anderer Delikte, beispielsweise Steinwürfen im Westjordanland, illegalem Grenzübertritt sowie illegalen Waffenbesitzes, inhaftiert oder verurteilt wurden.
Phase 2
Verhandlungen über eine zweite Phase der Vereinbarung sollen bereits in der ersten Phase aufgenommen werden, genauer gesagt am 16. Tag des Waffenstillstands. Bei den Gesprächen geht es dann um die Freilassung aller verbliebenen Geiseln, darunter auch israelische Soldaten. Auch ein dauerhafter Waffenstillstand und der komplette Abzug des israelischen Militärs aus dem Gazastreifen sollen dann vereinbart werden.
Phase 3
In einer dritten Phase sollten alle sterblichen Überreste von in der Gefangenschaft der Hamas verstorbenen israelischen Geiseln übergeben und mit dem Wiederaufbau des weitgehend zerstörten Gazastreifens begonnen werden. Hier herrscht noch sehr viel Unklarheit. Insbesondere die künftige Rolle der Hamas wird ein zentraler Punkt in den Gesprächen werden. Israel lehnt es ab, dass die Hamas erneut die Kontrolle über den Gazastreifen erhält.
Die Umsetzung des Abkommens wird von Katar, Ägypten und den USA garantiert. Diese drei Staaten haben über Monate zwischen Hamas und Israel vermittelt. Direkte Gespräche zwischen den Kriegsparteien gab es nicht. Trotz der Überwachung durch die Vermittlerstaaten ist die Umsetzung des Deals nicht garantiert. Beobachter kritisieren etwa, dass es keinen festen Mechanismus gebe, der einen Umgang mit möglichen Verstößen gegen die Waffenruhe vorsieht.