Der Regierungsapparat Griechenlands ist nach Einschätzung der OECD nicht zu Reformen in der Lage. Das habe eine Untersuchung aller 14 Ministerien durch die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ergeben, berichtete die Welt. Die Experten hätten überall einen Mangel an Daten und Fachwissen, Organisation und Zusammenarbeit ausgemacht.
"Griechenlands zentraler Regierungsapparat hat bisher weder die Kapazität noch die Fähigkeit zu großen Reformen", sagte Caroline Varley, die bei der OECD für Regierungsbeurteilung verantwortlich ist, der Zeitung. Gesetze würden in der Regel in kleinem Kreis entworfen und verabschiedet, ohne zuvor die "Folgen für die reale Welt" wie etwa die Kosten zu klären. "Es ist ein harter Befund, der zum ersten Mal systematisch und mit Belegen zeigt, was in der Verwaltung nicht funktioniert und Griechenland hindert, mit strukturellen Reformen voranzukommen."
Ein Grund ist der OECD zufolge, dass der Regierungschef nur wenig kontrolliert: "Das Zentrum der Regierung hat weder die Autorität noch die Kapazität, den Schlüsselministerien eine gemeinsame Politik aufzuzwingen." Zudem hätten die Beamten kaum Kontakt zueinander.
Überall fehlten zentrale Datenbanken, Akten und "die Fähigkeit, Informationen aus Daten herauszulesen - wenn Daten überhaupt vorhanden sind". Folgeanalysen, Kontroll- und Korrekturmechanismen seien meist nicht vorhanden oder von schlechter Qualität, fand die OECD heraus. "Der zentralen Verwaltung als Ganzes fehlen die praktischen Werkzeuge, die Kultur und die Fähigkeit, aufeinander aufbauende Politik anzustoßen, umzusetzen und zu überwachen", hieß es.
Um die in Jahrzehnten aufgebaute Dysfunktion des griechischen Staatsapparates aufzubrechen, reichten keine vereinzelten Reformschritte, bilanzierte die OECD. Der einzige Ausweg sei eine "Big-Bang-Reform" im gesamten Regierungsapparat. "Bis jetzt ist das Zentrum der Regierung sehr schwach", sagte Varley. Griechenland hat nur noch ein kleines Zeitfenster, um sich zu ändern und zu reformieren, aber es wird kleiner."
Die meisten Griechen glauben, dass sich die Lage verschlimmert
Griechenland ist hochverschuldet und konnte sich bislang nur mit Hilfe der EU vor einer Staatspleite retten. Am Mittwoch hatte das griechische Parlament mit großer Mehrheit den Sparhaushalt für 2012 gebilligt. 258 Parlamentarier stimmten für den Budgetentwurf, 41 votierten dagegen.
"Das ist ein schwieriger Haushalt mit ehrgeizigen Zielen", sagte Ministerpräsident Lukas Papademos vor der Abstimmung. Nachdem Griechenland bereits im Gegenzug für das erste Rettungspaket von Europäischer Union und Internationalem Währungsfonds (IWF) im Mai 2010 Löhne und Renten gekürzt und mehrfach die Steuern erhöht hatte, sieht der neue Haushalt weitere Ausgabenkürzungen vor.
Nach einer Umfrage unter 1400 Griechen glauben fast 81 Prozent, dass sich die Lage ihres Landes im kommenden Jahr verschlimmern wird. 79 Prozent sind der Meinung, auch die geplante Zusammenarbeit von EU und IWF werde nicht zur Lösung der Finanzkrise führen.