Süddeutsche Zeitung

Der Fall L'Oréal:Schlüsselfiguren festgenommen

Bislang gab es keine Beweise für illegale Parteispenden in der Bettencourt-Affäre, die auch Frankreichs Präsident Sarkozy belastet. Doch nun hat die Polizei mehrere Hauptakteure festgenommen.

In der Spendenaffäre um die französische L'Oréal-Erbin Liliane Bettencourt dürfte es bald eine Menge neue Informationen geben: Die Polizei verhörte in Paris mehrere Schlüsselfiguren zu Vorwürfen des Steuerbetrugs und der illegalen Parteifinanzierung.

Sowohl der Vermögensverwalter der Milliardärin, Patrice de Maistre, als auch ihr Freund und Günstling François-Marie Banier kamen in Polizeigewahrsam. Der Künstler Banier soll der 87-jährigen Bettencourt im Laufe der Jahre Bargeld, Gemälde und Lebensversicherungen im Wert von fast einer Milliarde Euro aus der Tasche gezogen haben. Die Tochter der Milliardärin hatte deshalb Anzeige erstattet.

Die Ermittler verhörten außerdem einen früheren Hausjuristen und den Verwalter einer Seychellen-Insel, deren Besitz Bettencourt dem französischen Finanzamt ebenso verschwiegen haben soll wie Konten in der Schweiz. Im Polizeigewahrsam können die Betroffenen für Befragungen maximal 48 Stunden ohne richterlichen Beschluss festgehalten werden. Sie gelten dabei nicht als formell beschuldigt.

Heimliche Tonbandaufnahmen

Zunächst blieb unklar, in welchem von drei laufenden Ermittlungsverfahren die Personen verhört wurden. Der ursprüngliche Streit zwischen der reichsten Frau Frankreichs und ihrer Tochter hatte sich zu einer Staatsaffäre ausgeweitet, als durch heimliche Tonbandaufnahmen Hinweise auf Steuerbetrug und illegale Parteispenden bekannt wurden.

Im Strudel der Bettencourt-Affäre ist auch Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy unter Druck geraten. Er hatte in einem Fernsehinterview diese Woche alle Vorwürfe als "Verleumdung" und "Zeitverschwendung" bezeichnet. Sein Arbeitsminister, der scheidende UMP-Schatzmeister Eric Woerth, soll unter anderem eine illegale Wahlkampfspende in Höhe von 150.000 Euro von de Maistre angenommen haben. Zudem wird dem früheren Haushaltsminister ein Interessenkonflikt vorgeworfen, weil er für die Jagd auf Steuersünder zuständig war, während seine Frau für die Vermögensverwaltung von Bettencourt arbeitete.

Schleuderpreis von 2,5 Millionen Euro

Woerth bestreitet die Vorwürfe. Doch am Mittwoch waren neue Anschuldigungen gegen ihn erhoben worden. Er soll während seiner Zeit als Haushaltsminister ein Grundstück aus Staatsbesitz zu einem Schleuderpreis von 2,5 Millionen Euro an Bekannte verkauft haben. Nach Angaben der Wochenzeitung Canard Enchaîné gab es bei dem Verkauf keine Ausschreibung. Das Finanzministerium und Woerth selbst wiesen die Vorwürfe zurück. Das Geschäft sei völlig normal abgewickelt worden und im Interesse des Staates gewesen.

Unterdessen wies Bettencourt Vorwürfe zurück, sie habe Bargeld beim Essen verteilt. "Es ist absurd, dass Politiker an unserem Tisch Umschläge in Empfang genommen haben sollten", sagte sie nach Angaben ihres Anwalts, den die Zeitung Le Figaro zitiert. "Umschläge am Tisch zu verteilen, wäre ein Verstoß gegen die gute Erziehung", fügte Bettencourt hinzu. Sie forderte außerdem ihren Vermögensverwalter de Maistre auf, eine unabhängige Prüfung der drei Gesellschaften zu organisieren, die ihr Vermögen verwalten.

"Meine Tochter sollte geduldig auf meinen Tod warten"

Auch eine ärztliche Untersuchung wolle sie akzeptieren - um zu beweisen, dass sie im Vollbesitz ihrer geistigen Kräfte sei, sagte Bettencourt dem Sender France 3. Ihre Tochter hatte kürzlich erneut gefordert, die alte Dame unter Vormundschaft stellen zu lassen. "Sie sollte lieber geduldig auf meinen Tod warten als alles dafür zu tun, ihn schneller herbeizuführen", sagte Bettencourt über ihre Tochter.

Für den Fall, dass sie für unmündig erklärt wird, soll Liliane Bettencourt ihren Vermögensverwalter als Vormund eingesetzt haben -sehr zum Missfallen ihrer Tochter. Bettencourt habe eine entsprechende Verfügung auf Druck von de Maistre im vergangenen September unterzeichnet, berichtet die Zeitung Libération. De Maistre hingegen betont, dass es Bettencourts freie Entscheidung war, ihn zum Vormund zu bestimmen.

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