Süddeutsche Zeitung

Der Fall Karl-Heinz Kurras:Mordermittlungen möglich

War der tödliche Schuss auf Benno Ohnesorg Mord? Die Bundesanwaltschaft hat Akteneinsicht bei der Stasi-Unterlagenbehörde beantragt und prüft die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens.

Im Fall des Todesschusses auf den Studenten Benno Ohnesorg prüft die Bundesanwaltschaft in Karlsruhe laut Focus die Aufnahme eines Ermittlungsverfahrens.

Sie habe Akteneinsicht bei der Stasi-Unterlagenbehörde im Fall des West-Berliner Polizisten Karl-Heinz Kurras beantragt, der nach jüngst bekannt gewordenen Dokumenten für die Stasi arbeitete, berichtete das Nachrichtenmagazin am Freitag vorab. Sollten sich Hinweise darauf finden lassen, dass Kurras 1967 im Auftrag der Stasi auf Ohnesorg schoss, seien Mordermittlungen gegen Unbekannt möglich.

Am Donnerstag forderte bereits der Politikwissenschaftler und frühere Aktivist des Sozialistischen Deutschen Studentenbundes, Tilman Fichter, das Verfahren neu aufzurollen. "Es ist Mord gewesen. Und zwar meines Erachtens aus niedrigen Beweggründen", meinte Fichter im Deutschlandradio Kultur.

Unterdesse bekräftigte die Chefin der Stasi-Unterlagenbehörde, Marianne Birthler, dass sie wenig von der Suche nach inoffiziellen Stasi-Mitarbeitern in den Reihen ehemaliger Bundestagsabgeordneter hält.

"Nach 'Spionen' im Deutschen Bundestag wurde ja schon von den Ermittlungsbehörden in den 90er Jahren in Stasi-Unterlagen gesucht", sagte Birthler der Leipziger Volkszeitung vom Freitag.

"Da ist die Erwartungshaltung wohl zu hoch - vor allem wenn man bedenkt, wie viele Unterlagen der Staatssicherheitsdienst in diesem Bereich vernichtet hat." Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) hatte nach Bekanntwerden von Kurras' mutmaßlicher Stasi-Tätigkeit seinen Vorschlag erneuert, der Birthler-Behörde den Auftrag zu einer vollständigen Erfassung der Stasi-Tätigkeit im Bundestag zu erteilen. Der Bundestag stimmt am Freitag über einen FDP-Antrag zu einer umfassenden Aufarbeitung der Stasi-Aktivitäten im Bundestag ab.

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