Süddeutsche Zeitung

Der BND und der Irak-Krieg:SPD stellt sich hinter Steinmeier

Kritik am Koalitionspartner und an Joschka Fischer

Nico Fried

Unter dem Eindruck der ungeklärten Vorwürfe gegen den früheren Kanzleramts- und heutigen Außenminister Frank-Walter Steinmeier wegen BND-Aktivitäten während des Irak-Krieges sind die Spitzengremien der SPD in Mainz zu einer Klausurtagung zusammengekommen.

Führende Sozialdemokraten stellten sich vor der Sitzung hinter die frühere Regierung. Der stellvertretende Parteivorsitzende Kurt Beck sagte, er vertraue den Aussagen Steinmeiers, dass der BND den Krieg der Amerikaner im Irak nicht aktiv unterstützt habe.

Beck argwöhnte, hinter den Vorwürfen könne eine Kampagne amerikanischer Regierungsquellen stecken. "Das Durchstechen von solchen echten oder vermeintlichen Informationen ist eine Ungehörigkeit", sagte Beck dem Tagesspiegel. Auf Seiten der USA hätten sich "einige Leute ordentlich danebenbenommen".

Der heutige SPD-Fraktionschef und frühere Verteidigungsminister Peter Struck bekräftigte, dass die alte Bundesregierung sich nicht aktiv am Krieg beteiligt habe. Man habe den US-Truppen lediglich Überflugrechte gewährt und deren Einrichtungen in Deutschland geschützt.

Zum Vorwurf, der BND habe sich an der Zielbestimmung für Luftangriffe beteiligt, sagte Struck: "Ich gehe davon aus, dass die Amerikaner selber wussten, welche Ziele sie angreifen wollen. Da brauchten sie keine Hinweise." Die Behauptung, es sei auch um Autokolonnen oder Restaurants gegangen, sei "unbewiesen", sagte Struck der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.

Der Verdacht, mit den Vorwürfen solle Rot-Grün diskreditiert werden, ist in der SPD weit verbreitet. Hinter vorgehaltener Hand werden Vorwürfe gegen den Koalitionspartner CDU/CSU laut. Um von der eigenen Haltung im Irak-Konflikt abzulenken, versuche die Union, die frühere Regierung in Verruf zu bringen. SPD-Generalsekretär Hubertus Heil hatte kritische Äußerungen von Unions-Fraktionsvize Wolfgang Bosbach als unter Koalitionspartnern nicht akzeptabel bezeichnet.

Verärgert äußerten sich Sozialdemokraten auch über den früheren Außenminister Joschka Fischer (Grüne). Er tue so, als höre er das erste Mal davon, "dass es den BND überhaupt gibt".

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Quelle:
SZ vom 16.1.2006
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