Der Außenminister: Erste Bilanz:Das Prinzip Westerwelle

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Die Außenpolitik des Ministers Westerwelle ist vorerst eine Fortsetzung seiner Innenpolitik mit anderen Mitteln. Bislang hat das weder den Minister noch den Staat in eine Krise geführt - immerhin.

Nico Fried

In den ersten Wochen bloß keinen Fehler machen! Auf keinen Neuling jeder Regierung trifft das so zu wie auf den Außenminister, der mit einem falschen Wort Staatskrisen entfachen kann.

Bemüht: Außenminister Guido Westerwelle (Foto: Foto: dpa)

Und auf Guido Westerwelle trifft es ganz besonders zu, weil manche es schon für eine Staatskrise halten, dass er überhaupt in dieses Amt gekommen ist. Tatsächlich dürfte selbst unter Sympathisanten der FDP der Wunsch nach Steuersenkungen bei der Wahlentscheidung eher den Ausschlag gegeben haben als die Aussicht auf einen Außenminister Westerwelle.

Sieben Reisen hat der Neue nun hinter sich, zwölf Länder hat er besucht. Israel war die schwierigste Reise, weil Israel für deutsche Politiker immer schwierig ist, für diesen Außenminister aber ganz besonders. Westerwelle stellt sich bewusst in die Tradition von Hans-Dietrich Genscher.

Aber als FDP-Chef kann er die Erinnerung an Jürgen Möllemann und dessen antisemitische Umtriebe nicht ignorieren, die er selbst damals zu lange zugelassen hat. Aus dieser Zeit, in der Westerwelle sogar in Verdacht geriet, die Liberalen rechtspopulistisch abdriften zu lassen, stammt das Image, der FDP-Vorsitzende sei prinzipienlos.

Der Innenpolitiker Westerwelle hat spätestens seit dem Wahlabend 2005 sein politisches Tun auch dem Ziel verschrieben, dieses Image loszuwerden. Er hat damals auf eine Ampel-Koalition mit SPD und Grünen verzichtet, um zu beweisen, dass ihm Prinzipien wichtiger sind als Macht.

Alles riskiert und viel gewonnen

Er hat seinen Wahlkampf 2009 in diese Kontinuität gestellt, alles riskiert und viel gewonnen. Guido Westerwelle, der im Rufe eines Opportunisten stand, hat in den vergangenen Jahren mit Prinzipientreue gute Erfahrungen gemacht. Sie hat ihn ins Auswärtige Amt gebracht. Doch die Skepsis, dass es sich wieder nur um eine weitere taktische Spielart des Opportunismus handelt, wird Westerwelle so schnell nicht los.

Es ist deshalb kein Wunder, dass er nun auch als Außenminister versucht, sich ein eindeutiges Profil zu geben. Selbst wenn er sich persönlich keiner Schuld bewusst sein mag; selbst wenn er meint, als Guido Westerwelle mit keiner Vergangenheit brechen zu müssen, so ahnt er doch, dass von ihm zumindest erwartet wird, Unklarheiten zu beseitigen. Deshalb hat Westerwelle die Vorsitzende des Zentralrats der Juden in Deutschland eingeladen, ihn nach Israel zu begleiten, was in einer Umarmung mit Charlotte Knobloch in Yad Vashem endete.

Im Fall Erika Steinbach setzt Westerwelle ebenfalls auf Eindeutigkeit, wobei er auch hier den Vorwurf aushalten muss, früher anders geredet zu haben. Trotzdem setzt er jetzt klare Prioritäten. Unübersehbar ist dabei, dass die ersten Signale des Außenministers ganz bewusst auch an das heimische Publikum gerichtet sind.

Die Außenpolitik Westerwelles ist somit auch eine Fortsetzung seiner Innenpolitik der vergangenen Jahre mit anderen Mitteln. Immerhin hat das weder den Minister noch den Staat bislang in eine wirkliche Krise geführt.

© SZ vom 25.11.2009 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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