Demonstrationen - Dresden:Corona-Leugner haben "rote Linien" überschritten

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Dresden (dpa) - Sachsens Sicherheitsbehörden sind über die zunehmende Radikalisierung von Gegnern der Corona-Schutzmaßnahmen besorgt. "Die Idee eines gewaltsamen Widerstands gegen demokratische Regeln gehört inzwischen zu den typischen Standardforderungen der Bewegung der Corona-Leugner", sagte der Präsident des Landesamts für Verfassungsschutz, Dirk-Martin Christian, am Montag auf Anfrage. Auch unter dem Einfluss von Rechtsextremisten, sogenannten Reichsbürgern und Antisemiten seien die Anti-Corona-Proteste im Verlauf der Pandemie immer aggressiver geworden. Spätestens mit den gewaltsamen Attacken auf Polizeibeamte und Journalisten sowie Verbalattacken gegen den sächsischen Ministerpräsidenten Michael Kretschmer (CDU) seien eindeutig "rote Linien" überschritten worden.

"Die regelmäßig wiederkehrende Behauptung der Corona-Leugner, wir lebten in einer de-facto-Diktatur und einem Notstandsregime, das beseitigt werden müsse und gegen das öffentlicher Widerstand legitim sei, muss als Beleg für eine fortschreitende Radikalisierung dieser Bewegung verstanden werden", sagte Christian. Inzwischen fänden in vielen Orten nahezu täglich "Spaziergänge" statt, zu denen sich Hunderte von Bürgern versammeln. Teilnehmer aus dem bürgerlichen Spektrum ließen keinerlei Tendenzen erkennen, sich von Extremisten zu distanzieren. "Eine sich zuspitzende Pandemielage birgt daher die Gefahr in sich, dass die Schar der Unzufriedenen, die meint, in Verschwörungstheorien und Umsturzfantasien eine Lösung für ihre Probleme zu finden, immer größer wird."

Vor allem die rechtsextremistische Gruppierung "Freie Sachsen" sei zur "Mobilisierungsmaschine" der Protestszene im Freistaat geworden und stehe für deren zunehmende Gewaltbereitschaft. "Auch die Diktion der öffentlich geäußerten Proteste ist ein Beleg für die zunehmende Radikalisierung der Szene. Das gilt in gleicher Weise für deren Kommunikation in den sozialen Medien, die eine wichtige Plattform zur Verbreitung ihrer kruden Verschwörungsnarrative und Hetzkampagnen sind, mit denen sie zahlreiche Menschen erreichen", so der Präsident. Das Ergebnis seien Beleidigungen und Bedrohungen von Politikern mit drastischen Formulierungen in aller Öffentlichkeit.

Christian zufolge ist die "Identitäre Bewegung" ein weiterer Organisator der Proteste. Aktuell unternehme diese Gruppierung den Versuch, die Themen Corona und Migration zu verquicken und die Handlungsfähigkeit des Staates in Frage zu stellen.

Nach der aktuellen Corona-Notfallverordnung sind derzeit in Sachsen Versammlungen nur mit zehn Personen gestattet. Diese Vorgabe wird regelmäßig missachtet. Innenminister Roland Wöller (CDU) hatte unlängst klargestellt, dass es in erster Linie um die Gewährleistung der Versammlungsfreiheit sowie um Ordnung und Sicherheit geht - und erst an dritter Stelle um das Durchsetzen von Auflagen.

© dpa-infocom, dpa:211129-99-188245/3

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