Demonstrationen - Berlin:Würdigung der DDR-Opposition: Beauftragter für neues Zentrum

Demonstrationen - Berlin: Tom Sello, Berliner Beauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Foto: Jörg Carstensen/dpa/Archivbild
Tom Sello, Berliner Beauftragter zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Foto: Jörg Carstensen/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Zum Jahrestag des Volksaufstands am 17. Juni 1953 fordert der Berliner SED-Aufarbeitungsbeauftragte Tom Sello ein Zentrum zur Geschichte der Opposition in der DDR. "Es reicht nicht, einmal im Jahr an einem Gedenktag daran zu erinnern", sagte Sello der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. Von 1953 bis zur friedlichen Revolution 1989 habe es eine "Kontinuität des Widerstands" gegeben. "Diesen Zusammenhang darzustellen, ist ein ganz wichtiger Punkt."

Er plädierte deshalb für die Umsetzung des Oppositionsforums der Robert-Havemann-Gesellschaft an der früheren Stasi-Zentrale in Lichtenberg. "Dabei geht es um eine moderne Ausstellung, die die Geschichte darstellt und einordnet", sagte Sello. "Es muss aber gleichzeitig ein Ort des Austauschs und der Diskussion sein." Vorbild könne das Solidarnosc-Zentrum im polnischen Danzig sein. Die Pläne für Berlin würden derzeit geprüft. Die Umsetzung sei keine Sache von Monaten, müsse aber auch nicht zehn Jahre dauern, sagte Sello.

Am 17. Juni 1953 und den Folgetagen hatten an etwa 700 Orten in der DDR bis zu eine Million Menschen gegen härtere Arbeitsbedingungen und für Freiheitsrechte demonstriert. Der Aufstand wurde von sowjetischen Truppen niedergeschlagen. 55 Menschen wurden getötet, etwa 10 000 verhaftet.

"Der 17. Juni ist eines der wichtigsten Ereignisse deutscher Demokratiegeschichte", sagte Sello. "Der Volksaufstand war ein Aufbegehren der Menschen gegen die Diktatur in der DDR. Gerade heute sollten wir uns ins Gedächtnis rufen, wie schwer es ist, eine Diktatur zu überwinden." Die wichtigen Forderungen von 1953 - demokratische Rechte und freie Wahlen - seien erst mit der friedlichen Revolution 1989 eingelöst worden.

Sello war während des Umbruchs 1989 selbst in der DDR-Opposition aktiv. "Dass die Diktatur in der DDR beseitigt werden kann, daran habe ich selbst im Oktober 1989 noch nicht geglaubt", sagte er. Sehr wichtig sei die Berichterstattung der Westmedien über den zunehmenden Protest gewesen. "Das gilt heute auch für die Menschen in Russland, die ihre Stimme gegen den Krieg in der Ukraine erheben, aber auch für Oppositionelle in Belarus, Iran oder Hongkong: Die brauchen unsere Wahrnehmung und Unterstützung. Das ist unsere Verantwortung."

© dpa-infocom, dpa:220615-99-669444/2

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