Demonstrationen - Berlin:Demonstration vor Reichstag: Polizei will härter vorgehen

Berlin
Passanten gehen am Reichstagsgebäude vorbei. Foto: Christoph Soeder/dpa/Archivbild (Foto: dpa)

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Berlin (dpa/bb) - Die Berliner Polizei will besonders bei Demonstrationen von Gegnern der Corona-Regeln die Hygienebestimmungen mit allen zulässigen Mitteln durchsetzen. Das kündigte Polizeipräsidentin Barbara Slowik am Montag mit Blick auf die geplante Demonstration am Mittwoch vor dem Bundestag an. Slowik sprach von "deutlichen Maßnahmen", ohne konkreter zu werden.

"Wir werden alles daran setzen, keine Versammlungen ohne Mund-Nasen-Schutz zuzulassen", sagte sie im Innenausschuss des Abgeordnetenhauses. Sollte es dennoch dazu kommen, werde die Polizei diese schnellstmöglich auflösen. Bilder wie vor einer Woche in Leipzig oder im August vor dem Reichstag wolle man unbedingt vermeiden. "Wir werden und müssen über andere Maßnahmen als üblich nachdenken." Es gehe darum, die Verbreitung des Virus einzudämmen.

Am Mittwoch wollen Bundestag und Bundesrat Änderungen am Infektionsschutzgesetz beschließen. Dabei geht es um Abstandsgebote, Kontaktbeschränkungen, Maskenpflicht, Schließungen von Geschäften und Verbote von Veranstaltungen.

Angemeldet seien am Vormittag vor dem Reichstag und in der Nähe sechs Demonstrationen von Gegnern der Corona-Einschränkungen wie den Querdenkern sowie von Gegendemonstranten, sagte Slowik. Die Polizei bereite sich zusammen mit der Bundespolizei und der Polizei des Bundestags vor. Zu der Demonstration gegen die Corona-Verbote sind 500 und zu den Gegendemonstrationen rund 4500 Menschen angemeldet.

Slowik wies auf die Schwierigkeiten für die Polizei hin. "Zigtausend Menschen, die sich weigern zu gehen, aber friedlich weiter protestieren (...), die werden wir nicht binnen kürzester Zeit auseinanderbringen und so den Schutz vor Viren garantieren können." Das Vorgehen der Polizei könne zu "deutlichen Maßnahmen" führen. Innensenator Andreas Geisel (SPD) lehnte einen Einsatz von Wasserwerfern wegen des Deeskalationsgebots allerdings ab.

Die Zusammensetzung der Demonstrationen ist laut Slowik ein breiter Querschnitt der Bevölkerung: einzelne Menschen, Gruppen, Familien, aber auch Reichsbürger, Rechtsextremisten und Hooligans. Gemeinsam sei ihnen die Nicht-Einhaltung der Corona-Regeln. Dass sich Tausende Menschen bei einer Demonstration nicht an die Regeln hielten, sei sonst eben nicht üblich. "Das macht es besonders schwierig."

Slowik plädierte dafür, während der Corona-Pandemie die Zahl der Teilnehmer bei Demonstrationen wieder auf 100 oder 500 zu begrenzen. Das mache es für Polizei viel einfacher, den Infektionsschutz zu unterstützen und Veranstaltungen schnell aufzulösen. Der Linke-Abgeordnete Niklas Schrader lehnte das umgehend ab.

Die Berliner Polizei erfasste bei den zahlreichen bisherigen Corona-Demonstrationen mit zum Teil Zehntausenden Teilnehmern bislang 753 Strafverfahren und 40 Ordnungswidrigkeiten. Dazu sei bereits am 20. Mai eine Ermittlungsgruppe "EG Quer" beim Staatsschutz im Landeskriminalamt (LKA) mit derzeit acht Mitgliedern eingerichtet worden, sagte Geisel.

Die Polizei stelle dabei eine "zunehmende Radikalisierung" fest, so Geisel. Sie zeige sich in "einem aggressiven Auftreten, der Artikulation von verfassungsfeindlichen Zielen und schließlich auch in der Planung und Begehung von Straftaten". Nicht bei allen, aber bei vielen Demonstrationen seien sogenannte Reichsbürger und Rechtsextremisten dabei. Vor allem aus diesen Kreisen würden gezielt Straftaten begangen.

Geisel betonte, nicht jeder Demonstrant sei gleichzeitig ein Extremist. "Das müssen wir sorgfältig unterscheiden. (...) Wir müssen aufpassen, dass wir durch Zuordnung nicht eine Verbindung schaffen, die es noch nicht gibt." Die Dialogbereitschaft der Politik dürfe nicht eingeschränkt werden. Bis zum Jahresende sind demnach bereits mehr als 100 weitere Demonstrationen angemeldet.

In Leipzig versammelten sich vor einer Woche mindestens 20 000 Demonstranten. 90 Prozent der Teilnehmer trugen laut Polizei keine Masken, obwohl sie in Sachsen bei Demonstrationen verpflichtend vorgeschrieben sind. Die Kundgebung wurde aufgelöst, danach erzwangen die Demonstranten einen Gang über den Leipziger Ring. Die Polizei versuchte vergeblich, sie zu stoppen. An Polizeisperren gab es Rangeleien, es flogen Böller. Unter den Demonstranten waren auch Gruppen von Neonazis.

Am 29. August überwanden am Rand einer großen Demonstration mit vielen Zehntausend Teilnehmern mehrere hundert Menschen Absperrgitter vor dem Reichstagsgebäude. Sie liefen die Treppe hoch und bauten sich triumphierend vor dem Besuchereingang auf. Die Bilder sorgten für Aufsehen und Empörung bei den meisten Parteien.

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