Süddeutsche Zeitung

Libyen:Demonstranten greifen Parlament an

Sie entzünden Feuer und werfen Steine, fordern niedrigere Brotpreise und eine bessere Stromversorgung: In Libyen richtet sich die Wut vieler Menschen gegen die Politik.

Wütende Demonstranten haben das libysche Parlament im Osten des nordafrikanischen Landes angegriffen. Auf Bildern libyscher Fernsehsender war am Freitagabend zu sehen, wie sie an dem Gebäude in der Stadt Tobruk Feuer entzündeten und Steine schmissen. Eine Aufnahme in den sozialen Medien zeigte einen Bulldozer, der gegen ein Tor des Parlaments rammte.

Die libysche Nachrichtenseite al-Wasat meldete, die Demonstranten verlangten die Auflösung des Parlaments und Neuwahlen. Zugleich richteten sich die Proteste gegen die schlechten Lebensbedingungen im Land. Zuvor war es am Freitag auch in anderen Städten zu Demonstrationen gekommen. So versammelten sich unter anderem in der Hauptstadt Tripolis im Westen des Landes mehrere Hundert Menschen auf einem zentralen Platz, wo sie gegen die Milizen und die führenden Politiker protestierten. Sie verlangten zudem eine bessere Stromversorgung und niedrigere Brotpreise. Die Menschen hätten das Vertrauen in die führenden Politiker verloren, sagte ein Demonstrant.

Libyen leidet seit 2011 unter einem Bürgerkrieg, der nach dem Sturz von Langzeitherrscher Muammar al-Gaddafi ausgebrochen war. Derzeit ringen zwei Regierungen um die Macht. In der Hauptstadt sitzt die Führung um Ministerpräsident Abdul Hamid Dbaiba. Zugleich beansprucht die Regierung von Ex-Innenminister Fathi Baschaga die Herrschaft für sich. Dieser ist mit dem Parlament im Osten verbündet.

In dieser Woche waren in Genf Gespräche zwischen führenden Vertretern der verfeindeten Lager ohne endgültige Einigung zu Ende gegangen. Dabei ging es um den verfassungsrechtlichen Rahmen für Neuwahlen. Beide Seiten hätten zu vielen Fragen einen Konsens erzielt, teilte die UN-Sonderberaterin Stephanie Williams mit. Trotz des Fortschritts gebe es aber weiter Uneinigkeit zu der Frage, wer bei der ersten Präsidentenwahl als Kandidat antreten dürfe. Beobachter befürchten neue Kämpfe, sollten die Verhandlungen endgültig scheitern.

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SZ/dpa/lala
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