Demokratie:Vom Dilemma der SPD

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Die "Frankfurter Hefte" prägen bis heute die politischen Debatten der Bundesrepublik, zum 75. Jubiläum versammelt ein Band lesenswerte Aufsätze linker Denker und Politiker über die "soziale Demokratie" aus mehreren Jahrzehnten.

Von Claus Leggewie

Ist die demoskopische Aufholjagd von Olaf Scholz den Schwächen der anderen zu verdanken oder steckt dahinter ein Comeback der SPD als Partei, der Sozialdemokratie als Bewegung und der sozialen Demokratie als Gesellschaftsform? Diese Frage könnten die gesammelten Aufsätze der Neuen Gesellschaft beantworten, dem Theorieblatt der SPD, das mit den vor 75 Jahren gegründeten Frankfurter Heften (FH) fusionierte. Zu diesem Jubiläum hat Herausgeber Thomas Meyer 42 Beiträge von Sozialdemokraten und demokratischen Sozialisten aus siebeneinhalb Jahrzehnten versammelt, von FH-Gründer Walter Dirks über Willy Brandt, Richard Löwen-thal, Erhart Eppler, Oskar Negt, Gesine Schwan bis Wolfgang Thierse.

Es finden sich auch analytische Beiträge zum Dilemma einer Partei, die sich im langen Sinkflug befindet, und zum Konzept der sozialen Demokratie, dem in Nordwesteuropa heute so gut wie alle Parteien folgen, ohne dass es der Partei noch viel bringt. Zwei Herausforderungen hat die Sozialdemokratie nicht bestanden: die ökologische und die nationale, die ihr in Gestalt der Grünen und der Neuen Rechten in ganz Europa tief ins Fleisch geschnitten haben. Der Rat von Nahestehenden geht dahin, die Arbeitnehmerschaft wieder stärker in den Blick zu nehmen. Eine ernsthafte Fehleranalyse findet man nicht, die jüngsten Autoren sind auch schon fast fünfzig und Gesine Schwan und Katharina Oerder tatsächlich die einzigen Frauen. Und in der Autorenliste findet man weder Gerhard Schröder noch Olaf Scholz.

Dennoch ist diese Tour d'Horizon nicht nur für Geschichtsinteressierte lesenswert. Bestenfalls leitet sie eine Renaissance ein, schlimmstenfalls belegt sie, was Deutschland an der Sozialdemokratie gehabt haben wird.

Thomas Meyer (Hg.): Soziale Demokratie. Wege und Ziele. J.H.W. Dietz, Bonn 2021. 357 Seiten, 26 Euro.

© SZ vom 13.09.2021 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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